Innovative Zahnheilkunde vs. Sachleistung der GKV

Jana Brandt

Die Grenzen der GKV und die richtigen Verträge müssen Sie in der Praxis kennen, um Ihre Patienten korrekt beraten und aufzuklären um nachfolgend die Leistungen richtig vereinbaren zu können. In der GKV ist eine innovative Zahnheilkunde nicht vorgesehen.Verfahren die nicht anerkannt sind, können nicht als Sachleistung der GKV berechnet werden.

Die Sachleistung der GKV bedeutet, dass Sie als Vertragszahnarzt Leistungen zu Lasten der GKV erbringen können, diese Leistung ist die Behandlung des Patienten. Um eine möglichst gute Grundlage in der zahnmedizinischen Betreuung bieten zu können, ergibt die Sachleistung für den Patienten der GKV eine möglichst zuzahlungsfreie Behandlung. Nur in den ausgewiesenen Fachbereichen, wie Zahnersatz oder Kieferorthopädie ist eine Zuzahlung durch den Versicherten, bzw. den gesetzlichen Vertreter vorgesehen. Dennoch weiß die GKV, dass sie mit dieser Regelung den Patienten von dem Fortschritt der modernen Zahnmedizin ausgrenzt. Daher besteht die Möglichkeit, den Patient mittels vertraglicher Vereinbarung, moderne und auch schonendere Verfahren anzubieten und zu vereinbaren. Der Patient der GKV trägt dann diese Therapie aus z.T. eigener Tasche. Das Patientenrechtegesetz aus dem Jahr 2013 verlangt zudem die eingehende Aufklärung des Patienten über mögliche relevante Alternativtherapien.

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Aus diesem Grund sind Sie gemäß Patientenrechtegesetz verpflichtet, auch dem Patienten der GKV die Grenzen der GKV (die Sachleistung) aufzuzeigen und mögliche Alternativen (private Behandlungen) vorzustellen. Allein der Patient entscheidet, welche Behandlung erwünscht. Als Vertragszahnarzt müssen Sie die Leistung der GKV zunächst vordergründig vorstellen und der Patient hat das Recht auf diese zurückzugreifen. Eine Koppelung der Sachleistung mit einer privaten Leistung ist nicht erlaubt, wenn der Patient nicht zustimmt. Erst wenn der Patient nach persönlicher Aufklärung die Sachleistung der GKV nicht wünscht oder Zusatzleistungen wünscht, kann er die privaten alternativen Leistungen in Anspruch nehmen.

Für einen korrekten Vertrag ergibt sich also zunächst diese Abfolge:

  1. Aufklärung und Beratung über die Diagnostik, Indikation und den Befund
  2. Aufzeigen der Grenzen der GKV, Darstellen der möglichen Alternativen
  3. Darstellen der Prognosen der Therapie
  4. Darstellen der Folgen der Unterlassung
  5. Behandlungsabfolge, Dauer und Ausgang der Therapie
  6. Darstellung der Risiken
  7. Erläuterung der Kosten
  8. Erläuterung der Beteiligung der GKV
  9. Entscheidung
  10. Ggf. Vertragsfindung für die private alternative Therapie

Ohne Nachweis der entsprechenden Aufklärung und ohne nachfolgenden schriftlichen Vertrag, können Sie private Honorar nicht wirksam durchsetzen.

Vereinbarungen für private Leistungen aus GOZ und GOÄ mit Patienten der GKV bedürfen grundsätzlich der Schriftform:

  • Sobald der Versicherte klar erkennbar verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden.
  • Der Wunsch des Versicherten sollte schriftlich bestätigen werden.
  • Es ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zu treffen.

In vielen Fällen kann eine zusätzliche private Leistung zur Sachleistung der GKV vereinbart werden, ohne dass der Patient die Hauptleistung der GKV verliert. Dies ist immer dann der Fall, sobald eine richtlinienkonforme Behandlung notwendig ist und der Patient weitere Leistungen wünscht, die es nicht im BEMA gibt:

1. Leistung der GKV Begleitende außervertragliche private Leistungen, die nicht im BEMA vorhanden sind
Endodontie • Elektrometrische Längenmessungen
• Zusätzliche Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden
• Einige analoge Leistungen, wie Lasertherapien oder der praendodontische Aufbau der Zahnwand
PAR- Therapie • Subgingivale Lokalapplikation antibakterieller Medikamente
• Einige analoge Leistungen, wie Lasertherapien
Kbr -Therapie • Gesichtsbogen zur adjustierten Knirscherschiene
IP Leistungen • Einige analoge Leistungen, wie antibakterielle Konditionierungen
Anästhesien • Oberflächenanästhesie
Extraktion / WSR • Knochenaufbau

Die Richtlinien des BEMA geben somit eine klare Begrenzung, ab wann Sie eine Sachleistung erbringen dürfen und ab wann nicht.

Entgegen den Richtlinien sind alle Leistungen, die an Zähnen stattfinden die keine gute Prognose aufweisen oder nicht erhaltungswürdig sind, aber auch Reparaturen an insuffizienten Zahnersatz. Weiterhin können z.B. keine vollwertigen Füllungen an Zähnen erbracht werden, die als Verankerung für Zahnersatz (z.B. Brückenanker, Teleskope) oder die überkronungsbedürftig sind. Hier greift nur noch die Aufbaufüllung. Auch eine Endodontie an erhaltungswürdigen Zähnen, die nicht den Richtlinien entsprechen, muss als gesamte private Leistung vereinbart werden. Die Richtlinie sieht hier die Extraktion vor. Ebenso bekommt der Patient der GKV keine Sachleistung mehr, wenn er nicht mitarbeitet oder den Anweisungen nicht Folge leistet. Insbesondere in der PAR – Therapie ist dies eine grundlegende Voraussetzung, dass der Patient eine eigenfinanzierte Vorsorgetherapie durchführen lässt. Die Anleitung zur richtigen Zahn- und Mundhygiene steht Patienten der GKV ab 18 Jahre nicht mehr als Sachleistung zur Verfügung. Dies gilt auch für alle anderen prophylaktisch motivierten Behandlungen, wie z.B. Fluoridierungen oder antibakterielle Konditionierungen.

2. Leistung der GKV Wunsch des Patienten – private Lösung
Große Füllung – Indikation zur Krone • Füllung ohne Kronenversorgung
Große Füllung, parodontal geschädigt – Indikation zur Extraktion • Füllung
Indirekte Überkappung nur mit vollständiger Entfernung der Karies • Indirekte Überkappung mit Belassen Restkaries
Indirekte Überkappung nur mit vollständiger Entfernung der Karies • Intrakanalärer Stiftaufbau ohne Krone, mit Füllung
Extraktion wegen Ausfall der Richtlinie • Zahnerhalt durch Endodontie
Keine IP 2 wegen dauerhaft schlechter/guter Mundhygiene • Motivation, Aufklärung und Mundgesundheitsaufklärung
Neuanfertigung Zahnersatz • Erhalt der alten insuffizienten Prothese
Zahnsteinentfernung • PZR
• Erneute Entfernung von Zahnstein im selben Jahr
PSI • Erneuter PSI oder Gingivalindexes innerhalb der Begrenzung der BEMA 04
Keine Leistung • PZR
• Prophylaxe zur Vorbeugung von Erkrankungen
• Testverfahren, z.B. Keimbestimmungen
• Kieferorthopädie außerhalb der Richtlinie
• PAR ohne Mitarbeit
• PAR entgegen den Richtlinien
• FAL
• FTL
• Entspannungstechniken
• Hypnose
• OP zur Implantatinsertion ohne Vorliegen der Ausnahmesituation
• …. Usw. ….

Die Aufzählung ist beispielhaft und nicht abschließend.

In vielen Fällen stellt sich heraus, dass die erbrachte Behandlung für die GKV unwirtschaftlich war, weil die Richtlinien nicht eingehalten wurden oder die Prognose des Zahnes schlecht war. Wird dies geprüft, sind Regressansprüche der GKV durchaus erfolgreich.

Patienten haben jedoch auch verstärkt immer mehr Wünsche und Vorstellungen. Insbesondere die moderne Zahnmedizin kann mit tollen Innovationen aufwarten. Die IDS wird auch im März wieder zeigen, welche Verfahren für den Patienten eine schonendere Therapie bieten kann. Auch hier schreitet die GKV deutlich ein. Wünsche des Patienten können nur berücksichtigt werden, wenn eine tatsächliche Indikation zur Behandlung vorliegt, d.h. eine Therapie notwendig ist.

Therapien für die Ästhetik oder aufgrund naturheilkundlicher Erkenntnisse gehören definitiv nicht zur Leistung der GKV:

2. Leistung der GKV Wunsch des Patienten – private Lösung
Große Füllung – Indikation zur Krone • Füllung ohne Kronenversorgung
Große Füllung, parodontal geschädigt – Indikation zur Extraktion • Füllung
Indirekte Überkappung nur mit vollständiger Entfernung der Karies • Indirekte Überkappung mit Belassen Restkaries
Indirekte Überkappung nur mit vollständiger Entfernung der Karies • Intrakanalärer Stiftaufbau ohne Krone, mit Füllung
Extraktion wegen Ausfall der Richtlinie • Zahnerhalt durch Endodontie
Keine IP 2 wegen dauerhaft schlechter/guter Mundhygiene • Motivation, Aufklärung und Mundgesundheitsaufklärung
Neuanfertigung Zahnersatz • Erhalt der alten insuffizienten Prothese
Zahnsteinentfernung • PZR
• Erneute Entfernung von Zahnstein im selben Jahr
PSI • Erneuter PSI oder Gingivalindexes innerhalb der Begrenzung der BEMA 04
Keine Leistung • PZR
• Prophylaxe zur Vorbeugung von Erkrankungen
• Testverfahren, z.B. Keimbestimmungen
• Kieferorthopädie außerhalb der Richtlinie
• PAR ohne Mitarbeit
• PAR entgegen den Richtlinien
• FAL
• FTL
• Entspannungstechniken
• Hypnose
• OP zur Implantatinsertion ohne Vorliegen der Ausnahmesituation
• …. Usw. ….

Es ist wichtig, die geplante Therapie daher genau unter die Lupe zu nehmen:

  • Liegt eine eindeutige Indikation zur Therapie vor?
  • Entspricht die Therapie der jeweiligen Richtlinie?
  • Ist diese Therapie in der GKV als Sachleistung enthalten (BEMA)?
  • Wenn ja, zu welchen Bedingungen?

In den oben genannten Fällen muss der Patient für die privaten Leistungen einen Vertrag mittels BMV-Z/EKVZ unterschreiben und die geplante private Therapie mit Ihnen separat vereinbaren. Planen Sie hier alle notwendigen Begleitleistungen mit ein, denn was nicht schriftlich vereinbart wurde darf nicht berechnet werden

Private Leistungen haben also folgende Grundlagen, warum sie von der GKV nicht übernommen werden können, Kosten für die Planung können Sie gemäß GOZ 0030/0040 in Ansatz bringen:

• ausdrücklich ausgeschlossen wurde und kein Ausnahmefall vorliegt (siehe Tabelle 2)
• nicht im BEMA-Leistungskatalog enthalten ist (siehe Tabelle 1)
• über das Maß der ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung hinausgeht (siehe Tabelle 2)
• im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht indiziert ist und eine Wahlleistung des Patienten darstellt (siehe Tabelle 3)

Hochwertige Füllungen gehören nicht in die Leistungspflicht der GKV. Die Füllungstherapie kann zwar als Sachleistung erbracht werden, jedoch ist diese Sachleistung deutlich begrenzt. Farbanpassungen, Mehrschichtfüllungen oder die dentinadhäsive Befestigung gehören definitiv nicht zur Leistung der GKV. Die Sachleistung für Füllungen sieht eine einfache plastische Füllung ohne Farboptimierung vor. Im Seitenzahngebiet ist Kunststoff nur bei bestimmten Indikationen das Mittel der Wahl. Füllungen können jedoch als Mehrkostenvereinbarung gegengerechnet werden. Der Patient erhält die Kosten für die Sachleistung erstattet und zahlt nur die Differenz zur hochwertigen Füllung mit folgender Formel: GOZ-BEMA= Eigenanteil des Patienten. Hier greift die oben genannte Aussage, Wünsche können bei Therapiebedarf berücksichtigt werden:

Beispiel: Eine Patientin wünscht den Füllungsaustausch an Zahn 11 aus ästhetischen Gründen:

Leistung der GKV Keine Leistungen der GKV
• Randspalt, die Füllung ist erneuerungsbedürftig
• Karies, die Füllungsränder sind undicht
• Die Füllung ist intakt.
• Bei Farboptimierung ist dies mittels § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB V möglich. Der Wunsch der Patientin kann berücksichtigt werden.
• Beteiligung der GKV mit der preisgünstigen plastischen Füllung.
• Vertrag gemäß BMV-Z/EKVZ und Vertrag gem. § 2 Abs. 3 GOZ
• Keine Beteiligung der GKV.

Für diese Leistung ist eine schriftliche Vereinbarung zwingend erforderlich, ohne diese können Sie die Honorarforderung nicht geltend machen. Es gilt der § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB V. Eine mündliche Absprache ist wegen der zwingend vorgeschrieben schriftlichen Vertragsform nicht gestattet. Folgendes ist zu beachten:

  • vor Beginn der Behandlung muss eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden
  • es gilt eine Versorgung zu gewährleisten, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist
  • die Vereinbarung gilt nur für Zahnfüllungen die eine darüber hinausgehende Versorgung darstellen
  • es ist die preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen
  • die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden

Fazit

Innovative, schonende und hochwertige Leistungen müssen nicht ausgeschlossen werden. Patienten der GKV haben die Wahl und sollten dies auch nutzen. Dennoch gilt es für die Praxis in jedem Fall die Schriftform zu wahren und die Vereinbarungen korrekt zu treffen.

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