Ihre Praxis mit dem schönen Namen „Seasmile“ hat sich ganz und gar den Kindern und Jugendlichen verschrieben. Warum haben Sie sich für die Kinderzahnheilkunde entschieden?
DR. NINA ZEITLER Kinderzahnheilkunde ist leider ein noch wenig ausgeprägter Bereich der Zahnheilkunde in Deutschland, obwohl wir eine nicht unerheblich große Anzahl an Kindern mit teilweise riesigen Befunden haben. Gründe gibt es viele: Kinder sind per se nicht die einfachsten Patienten, da die Behandlungsnotwendigkeit oft schwer zu vermitteln ist. Der Zeitaufwand für z. B. eine Füllung kann das drei- bis vierfache betragen im Vergleich zu einer Füllung beim Erwachsenen – bei gleicher Erstattungshöhe.
Der Milchzahn ist in der Hartsubstanz dünner, die Karies breitet sich schneller aus und die Pulpabeteiligung wird häufiger erreicht. Die Behandlung gestaltet sich damit zudem schwieriger. Manchmal braucht man ein Anästhesie-Team, was einen nicht unerheblichen Organisationsaufwand bedeutet. Da muss man als Zahnarzt schon eine große Menge an Nervenstärke und, ja, auch an Idealismus mitbringen.
Nach meiner Assistenzzeit, u. a. in einer Kinderzahnarztpraxis, habe ich mich trotz der zu erwartenden Schwierigkeiten für die Kinderzahnheilkunde entschieden, weil mir die Kinderpatienten ans Herz gewachsen waren und von ihnen eine große Menge Positives zurückkommt.
Wir freuen uns jedes Mal ungemein, wenn wir eine Krakel- Danke-Karte bekommen mit „Ich kann jetzt wieder gut schlafen. Mein Zahn tut nicht mehr weh!“; oder ein Vierjähriger einen Strauß Gänseblümchen verschenkt, denn die Frontzähne sind nicht mehr schwarz, sondern weiß und er wird im Kindergarten nicht mehr ausgelacht.
Besucht man Sie online, denkt man zunächst eher an eine Praxis in Küstenregion. Wie kamen Sie auf das Konzept der „Seasmile“?
DR. NINA ZEITLER Wir haben uns überlegt, wie sich eine Zahnarztpraxis anfühlen soll, in der wir uns und unsere Kinder sich spontan wohl fühlen würden. Klinisch weiß und gekachelt? Am „besten“ riecht es dann auch noch nach Desinfektionsmitteln? Sicher nicht!!
Wo fühlen wir uns wohl, wo entspannen wir uns, wo haben wir Spaß, wo gehen wir gerne hin? In den Urlaub! In meinem ganz persönlichen Fall, an den Strand. Das Meer wirkt beruhigend auf mich, blau ist eine so schöne klare, ruhige Farbe. Daher das „sea“ in unserem Namen. Und wie sollen uns die Patienten nach der Behandlung wieder verlassen? Und wie sollen sie zum nächsten Termin erscheinen? Mit einem Lächeln! Die „Seasmile“ war entstanden.
Wie würden Sie Ihre Praxis beschreiben, wie genau sieht sie aus?
DR. NINA ZEITLER Wie von Ihnen schon angesprochen, ist die Praxis im Meeres-Thema eingerichtet. Wir wollten durch hohe Decken und Weitläufigkeit außerdem ein gewisses Maß an Luftigkeit und Freiheit ausdrücken.
Das seasmile-Konzept ist angefangen bei den Meeresfiguren, welche die Kinder und Jugendlichen durch die gesamte Zahnarztpraxis begleiten, über das „Schiffspersonal“ bis zum Hinweis zum Landgang der Crew am Brückentag sehr stringent. Wer kam auf die Idee der Figuren und wer hat sie illustriert?
DR. NINA ZEITLER Das Projekt Kinderzahnarztpraxis ist über viele Jahre gewachsen. Etwa ein Jahr vor Eröffnung kam Kai Strecke mit ins Boot. Er hat das Design von den Charakteren und Beklebungen bis hin zum Briefpapier und Visitenkärtchen übernommen. Umgebaut hat die Praxis Wagner Innenausbau.
DR. NINA ZEITLER Sehr häufig hören wir: „Darf ich auch zu Ihnen kommen?“ Dies ist das einzig Negative an der Seasmile. Wir nehmen nur Kinder- und Jugendliche auf und müssen diese Frage mit „Nein, leider nicht.“ beantworten.
Viele Erwachsene genießen die ruhige und entspannte Atmosphäre, während ihre Kinder behandelt werden. Auch als „Zuschauer“ kann so ein Zahnarztbesuch einen positiven Eindruck hinterlassen.
In die eigene Praxis zu ziehen, ist ein großer Schritt. Was können Sie Ihren Kollegen empfehlen, die ebenfalls diesen Schritt wagen möchten?
DR. NINA ZEITLER Zum einen muss man klar sagen: Eine Neugründung braucht viel Zeit, viele Nerven und viel Geld. Eine Wochenarbeitszeit von 60 Stunden plus ist in der Gründungsphase und etwa ein Jahr danach normal. Man muss auch ganz genau wissen, was an der neuen Praxis wichtig ist und wo man Kompromisse schließen kann. Natürlich muss die Finanzierung auf bombenfesten Füssen stehen und am besten einen großzügigen Puffer enthalten.
Zum anderen steigt die Verantwortung ungemein. Als Praxisgründer ist man für absolut alles allein verantwortlich. Die Verwaltung muss intern auf die neue Praxis zugeschnitten sein und nach extern, z. B. zur KZVB, muss alles abgestimmt sein. Das neue Team muss stehen und Lust auf Veränderung und Anpassung haben.
Arbeitsanweisungen und QM müssen auch vorab bearbeitet sein. Schilder, Stempel, Visitenkarten … alles alles alles muss rechtzeitig entworfen und bestellt sein. IT, Netzwerk, Software, Telefonanschluss und Telefonanlage … die „To Do“ Liste ist endlos.
Die Jungfernfahrt einer Praxis ist voller Stromschnellen und Strudeln. Nichtsdestotrotz freuen wir uns, dass wir mit der Seasmile in See gestochen sind und uns nun auf großer Fahrt befinden. Ahoi und gute Fahrt wünschen wir allen Neugründern!
Wir bedanken uns bei Dr. Nina Zeitler und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.