Festsitzende kieferorthopädische Apparaturen erhöhen das Risiko von White-Spot-Läsionen. Diese können sich sehr schnell innerhalb weniger Monate nach dem Fixieren der Apparaturen entwickeln [1]. Die lokale Applikation fluoridhaltiger Lacksysteme oder Gele gehört zu den empfohlenen Schutzmaßnahmen [2].
Zahnfehlstellungen und komplexe Multibrackets begünstigen die Ansammlung des bakteriellen Biofilms, wodurch sich das Kariesrisiko deutlich erhöht [3-5]. Aufgrund der unzugänglichen Lage und/oder komplexen Oberflächenprofile gestaltet sich das Reinigen hier sehr schwierig. Der Konsum säure- und zuckerhaltiger Softdrinks und Nahrungsmittel verschärft die Situation [6].
Nicht nur die Plaque-Menge nimmt zu, sondern es gerät auch das ökologische Gleichgewicht der Mikroflora außer Balance. Kariogene Keime vermehren sich und verdrängen andere Mikroorganismen. In der Folge kommt es in Anwesenheit fermentierbarer Kohlenhydrate zu einer deutlichen Absenkung des pH-Wertes und einer schnellen Demineralisation des Zahnschmelzes. Calcium- und Phosphationen, die entstandene Lücken im Kristallgitter des Zahnschmelzes besetzen könnten, sind nicht in ausreichender Menge vorhanden. An diesen Prädilektionsstellen entwickeln sich Initialläsionen. Dabei unterliegen die Oberflächen, die der Speichel nur wenig umspült, einer erhöhten Gefährdung. Außerdem steigt das Kariesrisiko umso mehr, je länger die Apparaturen getragen werden. Studien zeigen, dass die Prävalenz neuer Schmelzläsionen bei Patienten mit festsitzenden Apparaturen trotz des Putzens mit fluoridierter Zahnpasta zwischen 13 Prozent bis 75 Prozent liegen kann [6,7]. Auch wenn sich Schmelz remineralisieren lässt, können weiße Flecken inaktiver demineralisierter Stellen noch lange nach Beendigung der KFO-Behandlung die Ästhetik beeinträchtigen [8].
Patienten mit komplexen Multibrackets stoßen an ihre Grenzen hinsichtlich einer adäquaten Mundhygiene. Viele Stellen lassen sich nur mit großem Geschick und speziellen Hilfsmitteln reinigen. Hinzu kommt, dass Kinder und Jugendliche während bestimmter Entwicklungsphasen dazu neigen, die Zahnpflege weniger wichtig zu nehmen. Es sind also effektive Strategien gefragt, die jungen Patienten erfolgreich über die kritische Phase der Multibracket-Behandlung zu bringen (Abb. 1).
Schutz gegen Säureangriffe: Fluoridhaltige Präparate
Professionelle Lackapplikation
Eine Schlüsselrolle im Rahmen einer präventiven Behandlungsstrategie spielt Fluorid: Es behindert die Demineralisation und stimuliert die Remineralisation. Diese Prozesse erfordern die ständige Anwesenheit geringer Fluoridmengen. Eine effektive Methode, dies zu erreichen, besteht im Aufbau einer Deckschicht aus Calciumfluorid auf der Zahnoberfläche. Sie setzt Calcium- und Fluoridionen frei und bildet darüber hinaus eine Barriere gegen Säureangriffe. In diesem Zusammenhang haben sich Fluoridlacke bewährt, die den gezielten Aufbau eines Fluoriddepots ermöglichen. Die professionelle Applikation alle 6 Wochen sorgt für den kontrollierten Schutz der Prädilektionsstellen unabhängig von der Patienten-Compliance. Auf diese Weise lässt sich das Aufkommen von White-Spot Läsionen deutlich verringern [1].
Bei komplexen Apparaturen und schwer zu erreichenden Schmelzbereichen bieten niedrig viskose Lacke wie zum Beispiel Fluor Protector oder Fluor Protector S von Ivoclar Vivadent mit gutem Fließ- und Benetzungsvermögen Vorteile gegenüber viskosen Präparaten (Abb. 2). Sie gewährleisten eher, dass Fluorid an den gefährdeten Stellen auch tatsächlich ankommt. Da die Demineralisation eine erhöhte Porosität der Zahnoberfläche verursacht, diffundiert ein liquides Lacksystem besser ein und transportiert das Fluorid auch in tiefer gelegene Schichten (Abb. 3).
Ein Lacksystem wie Fluor Protector S enthält seine Fluoridquelle Ammoniumfluorid vollständig gelöst und ist damit von vornherein applikationsbereit [9, 10]. Andere Substanzen wie Natrium- oder Calciumfluorid zeigen ein anderes Lösungsverhalten und liefern häufig Suspensionen mit ungleichmäßig verteilten festen Partikeln. Vor dem Einsatz müssen entsprechende Produkte gründlich durchmischt werden, wobei Konzentrationsschwankungen in der Suspension nicht auszuschließen sind.
Weiterhin fördert die vollständige Löslichkeit der Fluoridquelle die unmittelbare Verfügbarkeit des Fluorids und die sofortige Versorgung des Zahnschmelzes [10]. Es bildet sich eine dichte Deckschicht Calciumfluorid-ähnlicher Partikel, die die Zähne gegen direkte Säureangriffe schützt [9]. Das ergiebige Reservoir kann Calcium- und Fluoridionen über einen längeren Zeitraum freisetzen.
Da Fluor Protector S auch Wasser als Lösungsmittel enthält, toleriert er bis zu einem gewissen Grad Rest-Speichel auf den Zähnen. Relatives Trockenlegen vor dem Auftragen genügt also. Unbedingt zu beachten ist, nur einmal eine feine Schicht des Lackes aufzutragen (Abb. 4). Dann überzieht er die Oberfläche in einer gleichmäßigen, nach dem Trocknen unsichtbaren Schicht. Für den angestrebten Schutz reicht die applizierte Menge vollkommen aus.
Intensiv-Zahnpflege zu Hause
Zuhause kann ein Spezialpflege-Gel mit Calcium, Fluorid und Phosphat wie Fluor Protector Gel von Ivoclar Vivadent die professionelle Behandlung unterstützen und die Zähne während des Tragens von Multibrackets schützen [11]. Das zusätzlich enthaltene Xylit kann den Stoffwechsel kariogener Bakterien stören, während das Pro-Vitamin D-Panthenol das Zahnfleisch pflegt. Das geschmeidige Gel lässt sich nicht nur mit der Zahnbürste sondern auch mit einer Einbüschelzahnbürste oder Interdentalbürste einfach anwenden (Abb. 5). Diese Hilfsmittel werden entsprechend der individuellen Gegebenheiten ausgewählt und ihre korrekte Handhabung trainiert. Da sich temporäre Lücken schließen, ist regelmäßig zu prüfen, ob die Bürsten hinsichtlich Typ, Form oder Größe den neuen Gegebenheiten anzupassen sind oder noch weiterhin im Einsatz bleiben können.
Die Literaturliste zum Beitrag haben wir Ihnen in unserem Downloadbereich bereitgestellt.
Literatur
1. Tufekci E, Dixon JS, Gunsolley JC, Lindauer SJ: Prevalence of white spot lesions during orthodontic treatment with fixed appliances. Angle Ortod 2011; 81: 206-210
2. Stecksén-Blicks C, Renfors G, Oscarson ND, Bergstrand F, Twetman S: Caries-preventive effectiveness of a fluoride varnish: A randomized controlled trial in adolescents with fixed orthodontic appliances. Caries Res 2007; 41: 455-459
3. Lovrov S, Hertrich K, Hirschfelder U: Enamel demineralization during fixed orthodontic treatment – incidence and correlation to various oral-hygiene parameters. J Orofac Orthop 2007; 68: 353-363
4. Gorton J, Featherstone JD: In vivo inhibition of demineralization around orthodontic brackets. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2003; 123: 93-98
5. Heintze SD, Jost-Brinkmann P-G, Finke C, Miethke R-R: Oral health for the orthodontic patient. Quintessence Publishing Co, Inc 1999
6. Khalaf K: Factors affecting the formation, severity and location of white spot lesions during orthodontic treatment with fixed appliances. J Oral Maxillofac Res 2014; 5: e4. doi: 10.5037/jomr.2014.5104
7. Derks A, Katsaros C, Frencken JE, van` t Hof MA, Kuijpers-Jagtman AM: Caries-inhibiting effect of preventive measures during orthodontic treatment with fixed appliances. Caries Res 2004; 38: 413-420
8. Øgaard B: Prevalence of white spot lesions in 19-years-olds: A study on untreated and orthodontically treated persons 5 years after treatment. Am J Orthod Dentofacial Orthop 1989; 96: 423-427
9. Fischer K: Wissenschaftliche Dokumentation Fluor Protector S. Ivoclar Vivadent 2013
10. Bolis C, Härtli GP, Lendenmann U: Fluoride varnishes – is there a correlation between fluoride release and deposition on enamel? Oral Health Prev Dent 2015; 23. doi: 10.3290/j.ohpd.a34373
11. Fischer K: Wissenschaftliche Dokumentation Fluor Protector Gel. Ivoclar Vivadent 2010