Vitamin D ist lebenswichtig, ein Hormon, ein Nährstoff, ein biologisches Prinzip, ein elementarer Faktor, eine Grundbedingung des Lebens und Voraussetzung für einen ausgeglichenen Knochen- und Kalziumstoffwechsel.4 Neben seinen unzähligen Aufgaben erhöht es die Kalziumaufnahme aus dem Dünndarm.8 Gemeinsam mit Paratathormon reguliert Vitamin D den Knochenab- und aufbau und setzt so Kalzium frei oder bindet es wieder im Knochen. Vitamin D ist für den Knochenaufbau, Kalziumeinlagerung und Parathormon für den Knochenabbau und Kalziumfreisetzung notwendig. Die Schlüsselstellung in diesen Prozessen hat Magnesium.5
Kalzium ist wasserlöslich und die Resorption durch die fettige Darmschleimhaut gestaltet sich schwierig.6 Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin. Kalzium bindet sich an dieses Vitamin, wenn es im Darmkanal vorhanden ist. Vitamin D übernimmt den Transport des wasserlöslichen Kalziums durch die fettige Darmschleimhaut und erhöht damit die Resorptionsrate.3
Je nachdem, wieviel Kalzium und Vitamin D gleichzeitig vorhanden sind, ist die Resorptionsrate entsprechend hoch. Auf diesen Überlegungen basieren die Empfehlungen Vitamin D mit Kalzium zusammen zu applizieren.1 Große Studien haben gezeigt, dass das Risiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu versterben dadurch extrem ansteigt. Nachdem das Kalzium resorbiert ist und sich in der Blutbahn befindet, trennt sich Vitamin D davon. Aber Kalzium hat keine Flossen und kann nicht schwimmen. Es bleibt an den Orten, wo es sich befindet oder mit dem Blut hin transportiert wird liegen und führt dort zu Verkalkungen und Versteifungen.7
Vitamin D hat ganz viele Aufgaben. Alle Zellen saugen es förmlich auf und verbrauchen es. Erst ab einem vorhandenen Überschuss und einem vorhandenen gleichmäßigen Spiegel von 60 ng/ml Blut, wird durch Vitamin D die Bildung zweier Proteine induziert, das Matrix-Gla-Protein und das Bone-Matrix-Protein. Diese beiden Proteine sind zunächst inaktiv und werden erst durch Vitamin K2 aktiviert. Das aktivierte Matrix- Gla-Protein sammelt das Kalzium aus den Arterien und allen Weichgeweben wieder ein und transportiert dies zum Kno- chen. Das Bone-Matrix-Protein übernimmt das Kalzium und transportiert es an die Stelle des Knocheneinbaus.
Und genau in diesem Zusammenhang liegt die Ursache, warum generell in der Vitamin D Applikation auf die Bremse getreten und vor hohen Applikationen abgeraten wird. Damit Vitamin D seine volle Wirkung entfalten kann bedarf es einen gleichmäßig hohen Spiegel von 80 bis 100 ng/ml und Vitamin D braucht seine Mitstreiter zum Beispiel Vitamin K2 und Magnesium.
Die Schlüsselstellung für diese Abläufe hat Magnesium. Es ist erforderlich, damit das passive in das aktive Vitamin D umgewandelt werden kann. Das aktive Vitamin D sorgt für eine verbesserte Kalziumaufnahme aus dem Dünndarm. Magnesium und aktives Vitamin D sind erforderlich, damit die beiden kalziumtransportierenden Proteine MGP und BMP gebildet werden können, die dann durch Vitamin K2 aktiviert werden. Magnesium ist für den Einbau im Knochen erforderlich. Kalzium macht Gewebe und Knochen super hart, fest, stabil, aber auch unelastisch und bruchanfällig. Magnesium bringt die Flexibilität, Geschmeidigkeit und Elastizität in das Gewebe. Auch die Schilddrüse und Nebenschilddrüsen benötigen für ihre Hormonherstellung zum Beispiel Parathormon und Magnesium.2
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Hausbau in Auftrag gegeben. Komplett mit allem, einschließlich Alarm und Sicherheitsfunktionen. Dann ist Magnesium nur der Schlüssel, um das Haus zu öffnen. Alles ist da, alles würde funktionieren, aber ohne Schlüssel kommen Sie nicht hinein und können nichts anschalten. Im ganzen Körper eines Erwachsenen befinden sich 25 g, das sind 2 Kaffeelöffel voll Magnesium. Es aktiviert über 300 Enzyme und ist in fast allen Prozessen involviert. Es kann nicht gespeichert, muss täglich neu aufgenommen werden und dies ist reichlich kompliziert.
„So wichtig Vitamin D und die gesamten Mikronährstoffe auch sind, entscheidend ist der Bedarf!“
Stellen Sie sich einen 80ig-Jährigen vor, der schon 20 Jahre im Rollstuhl sitzt und Sie bitten ihn er solle Liegestütze machen. Nichts wird passieren! Es ist jetzt auch völlig egal, ob er Vitamine, Mineralien, Eiweiß Spurenelemente einnimmt, so wird er keine Liegestütze schaffen. Er muss anfangen zu trainieren, das ist das Entscheidende. Dann wird er auch irgendwann einen Liegestütz schaffen. Sobald er erst den ersten geschafft hat, werden weitere möglich sein. Parallel die richtigen Mikronährstoffe, dann lässt sich der Muskel umso wirksamer trainieren. Der Bedarf, die Bewegung, das Training ist das Entscheidende nicht die Mikronährstoffe. Aber Training ohne die richtigen Mikronährstoffe wird auf Dauer auch nicht funktionieren.
Wenn Sie Knochen in der Erde vergraben, wird er dort ewig liegen bleiben. Es gibt keine Mikroorganismen, die Knochen abbauen. Das ist der große Denkfehler in der Parodontologie. Alle Therapievarianten lassen sich auf Entzündungsreduktion reduzieren. Aber Entzündungen werden ausgelöst durch Mikroorganismen und diese bauen keinen Knochen ab. Es sind also unterschiedliche Prozesse, Entzündung und Knochenabbau mit unterschiedlichen Ursachen und unterschiedlichen Therapien.
Die lokale PA-Therapie an Zähnen (Dental Barometer 1/22) und die lokale Periimplantitistherapie (Dental Barometer 2/2022) beschreiben dies. Die PA- und Periimplantitistherapie gehören in die Schublade, – was muss ich als Arzt tun damit der kranke Patient krank alt wird, welches Medikament, Hilfsmittel, Therapie, welche OP. Es wird nicht die Ursache zu dieser Erkrankung beseitigt, sondern es werden die Symptome therapiert. Folglich wird der Patient immer wieder Sorgen haben und unsere ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wir empfehlen unseren Patienten ein ¼ jährliches Recall.
Die Zähne/Implantate werden locker, weil der Knochenstoffwechsel negativ ist. Es wird mehr Knochen abgebaut als aufgebaut. Es handelt sich um körpereigene immunologische Prozesse, die viele Ursachen haben können. In der Regel ist es einfach ein untrainierter, fauler, nicht angekurbelter Knochenstoffwechsel, der Alterungsprozess.
Es ist nicht so, dass die Osteoklasten immer aktiver werden, sondern in der Regel lässt die Funktion der Osteoblasten nach. Das Gewebe wird nicht immer schneller abgebaut, sondern der Aufbau schwächelt. Es ist nur das Symptom, das wir bewerten zu viel Knochenabbau, aber real schwächelt der Knochenaufbau. In der vorher erwähnten lokalen Therapie des Knochenstoffwechsels wird durch lokale Kollagenase- Hemmung der Knochenabbau soweit runtergebremst, dass er wieder im Gleichgewicht zu den viel zu inaktiven Knochenaufbau kommt. Jetzt ist Knochenaufbau wieder gleich Knochenabbau und der Knochenstoffwechsel ist ausgeglichen, aber alles auf sehr niedrigem Niveau.
Viel schöner würde es funktionieren, den Knochenabbau so aktiv zu lassen, wie er individuell ist und den Knochenaufbau wieder anzukurbeln. Anatomie und Funktion passen sich an. Ein Muskel, der belastet wird, wird größer und stärker. Auch Knochen, der belastet wird, reagiert so (Dental Barometer 1/2020 Basiswissen Knochenstoffwechsel).
Es gibt nur einen Knochenstoffwechsel, nicht einen für die Wirbelsäule, einen für die Knie, einen für das Parodontium, usw., nein nur Einen. Parodontitis ist somit nur die zahnärztliche Bezeichnung eines insgesamt negativen Knochenstoffwechsels. Folglich macht es auch für uns Zahnärzte Sinn, generell den Knochenstoffwechsel anzukurbeln und somit indirekt das Parodontium auszuheilen.
Knochen hat nicht nur Halte- und Stützfunktionen, sondern übernimmt auch einen wichtigen Part in der Versorgung der Gelenke, Sehnen und Kapseln, die keinen eigenen Stoffwechsel haben und nur über Diffusion und Penetration aus den umgebenden Geweben ernährt werden. Jede Zelle des Blutsystems, Immunsystems, selbst Tumorkillerzellen kommen aus dem Knochen. Ein funktionierender Knochenstoffwechsel verhindert Parodontitis, Herz-Kreislauferkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Arteriosklerose, Nierensteine, Gallensteine, Demenz, Diabetes und vieles mehr. Der nicht funktionierende Knochenstoffwechsel und das selbst verschuldete Kalziumparadoxon, zu viel Kalzium, wo es nicht hingehört (Arterien, Weichgewebe) und zu wenig Kalzium, wo es benötigt wird (Zähne, Knochen), ist hier die wesentliche Ursache. (Dental Barometer Vitamin D Serie Teil 5.3, 4/21; Teil 7 1/22). Aus diesem gesamten Zusammenhang ist vor PA-Therapie eine entsprechende Diagnostik erforderlich, die alle 2 Jahre wiederholt werden sollte und neben der klinischen Untersuchung den aMMP8-Test, Vitamin D3 Test und die digitale Taschenmessung beinhaltet.
Leider ist die neu aufgestellte PAR-Richtlinie ein völliges Hindernis. Es wird ein Zeitfenster von circa 4 Wochen vorgegeben. In dieser Zeit lassen sich nur Entzündungen, aber nicht der Knochenstoffwechsel therapieren. Es wurde außer Acht gelassen, dass eine Parodontitis immer die Kombination Entzündung und Knochenabbau heißt. Es ist völlig sinnlos nur die Entzündungen zu therapieren!
Seit über 100 Jahren weiß man: Das Milieu bestimmt die Keime und nicht umgekehrt. Verändere ich durch die Entzündungsreduktion nur die Qualität und Quantität der Mikroorganismen belasse aber das Milieu, wird sich die vorherige zum Milieu passende Mikroflora wieder einstellen. Nur durch die Therapie von Entzündung und Knochenstoffwechsel erreiche ich einen permanenten Erfolg. Wenn es nun noch gelingt, den Patienten zu einem ausgeglichenen Knochenstoffwechsel zu motivieren, werden sich viele Probleme für den Patienten von allein lösen und dass nicht nur am Parodontium. Mit der direkten lokalen Therapie des Knochenstoffwechsels werden die Osteoklasten inaktiviert und die Osteoblasten aktiviert. Die Knochentaschen schließen sich und die Knochenqualität wird besser. Durch die kleiner werdenden Zahnfleischtaschen verändert sich das Milieu von anaerob zu aerob. Und somit verändern sich auch die Mikroorganismen.
Unterstützt wird diese mikrobielle Umgestaltung durch die Anwendung von effektiven Mikroorganismen. Die Entzündungsreduktion sollte nicht durch Keimtötung, Antiseptika, Antibiotika usw. erfolgen, da dies zusätzlich die Immunabwehr zur Kadaverbeseitigung aktiviert und dadurch der Gewebeabbau aktiviert wird. Ziel ist es aber, Gewebe aufzubauen! Aus diesem Grunde erfolgt die Therapie der parodontalen Entzündung nicht durch Verringerung der Anzahl der Mikroorganismen, sondern durch Umgestaltung in der Zusammensetzung der Mikroorganismen.
Patientenbeispiel
Eine 35 Jahre alte Frau hat 2 Kinder, 6 und 4 Jahre. Sie geht regelmäßig seit über 10 Jahren halbjährlich zur Professionellen Zahnreinigung in Ihre Praxis. Die Zahnpflege ist optimal, keine Karies aber die Zahnfleischtaschen werden ständig tiefer. Indessen besteht eine ausgeprägte generelle Zahnlockerung. Sie hat keine akuten Entzündungen, raucht circa 20 Zigaretten/Tag, nimmt orale Kontrazeptiva und gelegentlich Schmerzmittel ASS, Ibu. Die Praxis überweist uns die Patientin. Es erfolgt die Anfangsdiagnostik mit aMMP8, Vitamin D3 Testung, digitaler Taschenmessung.
Anfangsdiagnostik:
- Vitamin D3: 13 ng/ml
- aMMP8: 112,98 ng/ml
- Ø Taschentiefe: 7,13
- tiefste Tasche: 10 mm
- 26 Zähne tiefer als 5 mm
In der ersten Sitzung erfolgt die gemeinsame Auswertung der Daten und ein Beratungsgespräch zur lokalen und systemischen Therapie des Knochenstoffwechsels. Die Patientin hat ein generelles Problem mit ihrem Knochenstoffwechsel und dieses liegt nicht in der Mund und Zahnpflege. Es werden in einem einstündigen Beratungsgespräch die Ursachen erklärt und sie erhält einen „Fahrplan“, der aufzeigt, was sie genau in Ihrem Leben ändern sollte, einschließlich einen Ernährungsplan für die erforderlichen Mikronährstoffe mit Dosisanleitung, Einnahmezeitpunkt und Bezugsquellen.
Abschluss Diagnostik nach 10 Monaten Therapiezeit
Im Durchschnitt rechnen wir mit 3 bis 4 mm Taschenreduktion in den ersten 10 Monaten und dann mit 2 mm für jedes nachfolgende Jahr. Dass diese Patientin so gut auf die Therapie angesprochen hat, liegt an der extrem guten Mitarbeit für ihren systemischen Knochenstoffwechsel, der zusätzlichen Osteoblasten-Aktivierung und ihrem Alter. Der Kollagenase-Hemmer blockiert die Osteoklasten, egal wodurch diese aktiviert wurden. Die Patientin ist in den 10 Monaten der Therapie jeden Monat zur professionellen Zahnreinigung mit nachfolgender subgingivaler Therapie und Therapie zur Kollagenase-Hemmung in die Praxis gekommen. Sie raucht nach wie vor, hat ihr Leben umgestellt (Laufen, Atmen, Trinken Säure und Base, EM + Mikronährstoffe für Knochenstoffwechsel).
Abschlussdiagnostik
- Vitamin D3: 92 ng/ml
- aMMP8: Bellow 10 ng/ml
- Ø Taschentiefe: 3,09
- tiefste Tasche: 5 mm
- 5 Zähne mit 5 mm
Ist der aMMP8 höher als 20, Vitamin D3 tiefer als 40 ng/ml oder noch einzelne Taschen tiefer als 4 mm geht der Patient in ein 2-monatiges Recall sonst in ein 3-monatiges. Das Recall Intervall wird alle 2 Jahre neu festgesetzt.
Weitere Informationen unter www.moebius-dental.de oder bei Fortbildungen, zum Beispiel bei der Landeszahnärztekammer Sachsen (Kontakt: anders@lzk-sachsen.de) oder Zahnärz- tekammer Sachsen-Anhalt (Kontakt: wiedmann@zahnaerzte- kammer-sah.de)