Vitamin D – Teil 5.1

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Dr. Ronald Möbius, M.Sc. Parodontologie

Ursachen und Erkrankungen

Immer wieder ist vom Zusammenhang zu lesen, wie Diabetespatienten zu Parodontitis neigen oder die Parodontitis Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt und vieles mehr. Viel wesentlicher ist jedoch die Ursachenforschung37. Alle diese Erkrankungen haben die gleiche Ursache, nämlich einen Vitamin D3- und K2-Mangel.

Vor 10.000 Jahren begannen die Menschen Tiere zu domestizieren. Bei der Entwicklung weg von Jäger und Sammler erkannten unsere Vorfahren, dass sie von einer zuverlässigen Nahrungsquelle profitieren können, wenn sie den Wildtieren nicht hinterherlaufen, sondern diese als Haustiere züchten. Der Grund dafür, dass der Mensch überhaupt Nahrung tierischen Ursprungs braucht, ist, dass wir Menschen so im Hinblick auf die Ernährung von der Energie der Sonne und den Mineralstoffen des Bodens profitieren können. Diese Elemente werden von Photosynthese betreibenden Pflanzen eingefangen und dann von den Tieren metabolisiert. Bei diesem Prozess wandeln die Tiere die Nährstoffe praktischer Weise in Formen um, die vom  Menschen besser verwertet werden können. Der Nährstoffgehalt von Fleisch, Eiern und Molkereiprodukten hängt direkt mit der Zusammensetzung der Nahrung der Tiere zusammen.

Aber die Zeiten haben sich geändert. Noch um 1800 lebten 95 Prozent der Bevölkerung auf dem Land. Bis 1920 war die bäuerliche Bevölkerung auf 50 Prozent gefallen. Heute arbeiten 1,4 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Die Entdeckung der Vitamine A und D in den 1920er Jahren waren der Grundstein für die Massentierhaltung. Diese Entdeckungen ebneten den Weg, das Vieh in großem Maßstab mit Getreide zu füttern. Damit konnten Rinder, Geflügel und Schweine ohne Sonnenlicht in den Ställen gehalten werden, nur war die Fütterung zu teuer und Weidegras billig. Die wachsende Industrialisierung und neue Technik perfektionierten die Landwirtschaft. Seit 1940 gibt es Mähdrescher und Getreide kann in großem Stil angebaut werden. Die sprunghaft ansteigende Industrialisierung der Landwirtschaft ist die Grundlage für die zunehmende Massentierhaltung. Durch die Massentierhaltung kann der Landwirt kostengünstiger, effektiver und mit weniger Personal arbeiten.

Bedingt durch die neuen Anforderungen und den wachsenden Bedarf an Viehfutter für Stalltiere, veränderte sich die Ausrichtung im Ackerbau. Über den Zeitraum dieser 200 Jahre veränderte sich der Nährstoffgehalt der Böden und somit der Pflanzen und der Nutztiere komplett. In den letzten 30 Jahren hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Heute stehen die Milchküche nicht mehr auf der Weide, bekommen weder Sonne noch Grünfutter. Die gesundheitlichen Folgen für die Tiere sind groß, die Abortrate ist hoch und die Totgeburt-Rate erreicht fast 50 Prozent bei den Rindern.30

Wiederkäuer können aus Grünfutter, das viel Vitamin K1 enthält, Vitamin K2 metabolisieren. Menschen können dies nicht und sind auf die Vitamin K2-Nahrungsaufnahme angewiesen. Aber heute stehen die Kühe nicht mehr auf der Weide, sondern im Stall und bekommen auch kein Grünfutter mehr, sondern Kraftfutter. In der Nahrungskette des Menschen fehlt Vitamin K2. Vitamin D verbessert die Calciumresorption und Vitamin K2 ist für den Transport und Einbau des Calciums in den Knochenstoffwechsel erforderlich. Ohne K2 lagert sich Calcium in den Weichgeweben ab und kann für den Calciumstoffwechsel nicht genutzt werden. Es entsteht das Calciumparadoxon34. Einerseits haben wir zu wenig Calcium in den Knochen (Osteoporose Osteomalazie), andererseits haben wir einen Calciumüberschuss in den Weichgeweben (Arteriosklerose, Schlaganfall, Herzinfarkt).38 In dieser heutigen Überflussgesellschaft erkranken die Menschen an Mangel. Mangel an Bewegung, an Lungenkraft, Mangel an Schlaf/Erholung, Mangel an Flüssigkeit, Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Dieser führt zu einem negativen Knochenstoffwechsel dem „Calciumparadoxon“ und vielen anderen Erkrankungen, bei denen man erst beim genaueren Analysieren darauf kommt, dass die Ursache dieselbe ist.34

Mehr als 90 Prozent der deutschen Bevölkerung sterben an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Demenz im Altersheim. Nicht in den Genen, sondern im Lebensstil der Menschen liegen die Ursachen. Die Auswirkungen einzelner Risikofaktoren multiplizieren sich. Neben mangelnder Bewegung, falscher Ernährung ist Vitamin D- und K2-Mangel ein wesentlicher Risikofaktor.36 Für die nachfolgend aufgeführten Erkrankungen sind hierzu Studien erfolgt: Über 2.000 Gene, der 23.000 Gene des Menschen, stehen direkt oder indirekt unter Kontrolle von 1,25 Vitamin D.

1.Krebs

In Städten verdoppelt sich die Krebssterblichkeit in Regionen vom 30. bis 40. Breitengrad beider Hemisphären im Vergleich zu den Breitengraden 10 bis 3018. Vitamin D hat einen wesentlichen Einfluss auf das Geschehen, es:

  • unterdrückt das Tumorwachstum37
  • reduziert die Gefäßneubildung und schneidet so den Tumor von der Sauerstoff- und Mineralstoffversorgung ab38
  • schwächt die Signale zur Metastasierung37
  • sorgt für die Umwandlung von bösartigen in gutartige Zellen39
  • sendet Signale zur Einleitung der Apoptose, dem Selbstzerstörungsprogrammfür Zellen38
  • wirkt korrigierend auf entartete Zellen11
  • aktiviert Gene, die für die DNA- Reparatur zuständig sind14
  • hilft bei tumorbedingter Anämie14 und
  • Krebsmedikamente steigern den Vitamin D-Bedarf14
  • Krebsmedikamente wirken durch Vitamin D stärker krebszellzerstörend14
  • Krebsmedikamente werden verträglicher wie zum Beispiel: Aromatasehemmer (Brustkrebs) Bisphosphonate (Knochenmetastasen)14

Krebsmodell nach Garland10,11

  1. Die Entartung einer Zelle beginnt mit der Lockerung des Zell-Zell-Verbandes. Solange die Zellen im engen Verband stehen, beeinflussen sie sich gegenseitig und verhindern eine Entartung. Vitamin D sorgt für die Aufrechterhaltung des festen Verbandes.
  2. Eine DNA-Veränderung führt unter anderem dazu, dass eine gelockerte Zelle sich vermehrt und unkontrolliert teilt. Selbst jetzt noch kann ein hoher Vitamin D-Spiegel den Zellverband wiederherstellen und die vermehrte Zellteilung bremsen.
  3. Die wuchernden Zellanteile vermehren sich rascher als das normale umgebende Gewebe und bilden auf diese Weise einen lokalen Tumor. Vitamin D bremst in diesem Stadium die Teilung der reifen Zellen und unterdrückt das Tumorwachstum.
  4. Das Tumorgewebe verschafft sich Anschluss an die Blutgefäße und durchbricht Organgrenzen. Selbst in diesem Stadium beeinflusst Vitamin D die entarteten Zellen.
  5. In einer klinischen Untersuchung über fünf Jahre wurden bei Krebspatienten 200.000 IE täglich verabreicht. Es gab keinen einzigen Todesfall5.
  6. Vitamin D hemmt einerseits die unkontrollierte Vermehrung von Zellen und fördert andererseits die Apoptose und schützt damit vor Krebs40.

2. Prostatakrebs

Je nördlicher der Breitengrad, desto höher die Sterblichkeit.16 Im Vergleich zu Männern mit einer geringen Sonnenexposition haben Männer mit maximaler Sonnenexposition ein um 66 Prozent reduziertes Erkrankungsrisiko.29 Andererseits: Ein hoher D-Spiegel ohne K2-Supplementierung braucht die K2-Reserven im Körper auf und genau dieser K2-Mangel verursacht Prostatakrebs.5

3. Darmkrebs

Menschen im Nordosten der USA haben ein um 10 Prozent erhöhtes Erkrankungsrisiko im Vergleich zu Einwohnern in südlichen Regionen.12 Die Überlebenschance steht im direkten Zusammenhang mit dem Vitamin D-Spiegel. Ist dieser dauerhaft über 60 ng/ml reduziert sich die Sterberate um 50 Prozent.37

4.Nierenzellkrebs

In Regionen jenseits des 30. Breitengrades nimmt die Erkrankungshäufigkeit bei Männern zu.9

5. Brustkrebs

Frauen im sonnigen Südwesten der USA sterben um 50 Prozent seltener an Brustkrebs als Frauen im sonnenarmen Nordosten.10 Mehr Sonnenlicht reduziert die Sterberate an Brustkrebs um bis zu 75 Prozent.22 Frauen, die als Teenager und junge Erwachsene maximale Sonnenexpositionen hatten, haben ein um 60 Prozent geringeres Brustkrebsrisiko.25 In Deutschland erkranken 64.000 Frauen pro Jahr an Brustkrebs und 17.000 sterben jedes Jahr daran37. Drei von vier Frauen würden überleben, wenn der D-Spiegel über 60 ng/ml auf Dauer gehalten würde.37

6. Brust-, Eierstock-, Darm-, Prostata-, Blasen-, Gebärmutter-, Speiseröhren-, Dickdarm-, Magenkrebs

Im Vergleich zu Einwohnern im Südwesten der USA haben Bewohner Neuenglands ein doppelt so hohes Erkrankungsrisiko.13

7. Autoimmunerkrankungen

Hierbei kommt es zu Fehlfunktionen des Immunsystems, wobei die Unterscheidung „Freund und Feind“ gestört ist. Derzeit sind über 60 Autoimmunerkrankungen bekannt.38 Hohe Dosen Vitamin D spielen eine wichtige Rolle bei der Verhinderung oder Linderung dieser Erkrankungen.2

7.1. Multiple Sklerose

130.000 MS-Kranke leben zurzeit in Deutschland38. Die Ursache ist in der Regel auf einen Vitamin D-Mangel in der Schwangerschaft zurückzuführen.38 Die MS ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, bei der die Myelinscheiden von Nervenfasern vom Immunsystem angegriffen werden. Je höher der Breitgengrad, desto höher die Erkrankungshäufigkeit. Wer die ersten 10 Lebensjahre nördlich des 37. Breitengrades lebt, hat ein lebenslanges MS-Risiko von 100 Prozent, egal wo er später lebt.33 Vitamin D erwies sich in experimentellen und klinischen Studien als ausgezeichnetes Mittel die MS-Erkrankung günstig zu beeinflussen, ihr vorzubeugen und die klinischen Symptome auszuheilen. Vitamin D wirkt hierbei immun modulatorisch, antientzündlich, nervenschützend, lindernd und heilend. Immunologisch verringert Vitamin D die Makrophagenzahl, Oligodendrozyten und aktiviert die T-Zellen, welche die Myelindefekte reparieren. Die Wirkstärke von Vitamin D ist mit einem MS-Mittel vergleichbar.7 Bedingt durch die geringere Resorption und die eigentliche Erkrankung, werden zur Therapie ultrahohe Dosen benötigt. Ziel soll es sein, nach einer Anfangstherapie den Spiegel bei 100ng/ml zu halten. Hierfür können bis zu 50.000 IE/Tag erforderlich sein. Der Spiegel sollte alle drei Monate gemessen werden, um die Einstellung zu halten. Mit Verringerung der Erkrankungssymptome reduziert sich die Höhe der Einnahme. Die Erkrankung ist bis zur Stagnation therapierbar.8

7.2. Diabetes mellitus Typ 1

Menschen, die in sonnigen Regionen leben, haben ein geringes Risiko an Typ-1-Diabetes zu erkranken. In Äquatorregionen kommt Diabetes selten vor. Kinder Vitamin D-defizitärer Mütter haben ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes.18 Mit jedem Breitgengrad Richtung Süden nimmt das Typ-1-Risiko bei Kindern um 3,5 Prozent ab.4 Vitamin D fördert die Anlage von Inselzellen und die Produktion sowie Ausschüttung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse. Umgekehrt führt ein Vitamin D-Defizit zu einer verminderten Insulinsekretion. Zusätzlich stimuliert Vitamin D die Anlage und die Funktion der Insulinrezeptoren auf Muskel- und Fettzellen. Auf diese Weise kann es die Empfindlichkeit der Zellen, auf Insulin zu reagieren, direkt fördern.40

7.3. Rheumatoide Arthritis

800.000 Menschen leiden in Deutschland an RA, somit zählt diese zu den häufigsten chronischen Entzündungen.39 Bei maximaler Sonnenbestrahlung ist das Erkrankungsrisiko gegenüber geringer Sonnenbestrahlung bei Frauen um 21 Prozent reduziert.3 Ein niedriger Vitamin D-Spiegel birgt ein hohes Risiko an RA zu erkranken.35

7.4. Weichteilrheumatismus – Fibromyalgie14

  • Vitamin D-Mangel korreliert direkt mit der Ausprägung
  • Vitamin D-Rezeptoren sind in Hirnarealen nachgewiesen worden, die bei der Entwicklung einer Fibromyalgie eine Rolle spielen
  • Vitamin D spielt eine zentrale Rolle bei der neuronalen Regulation und Modulation von Neurotransmittern und ihren entsprechenden Nervenrezeptoren
  • Vitamin D greift in die Signalwege von Entzündungsprozessen ein
  • Vitamin D ist notwendig für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der weißen Muskelfasern

7.4. Lupus Erythematodes

Geht mit einem niedrigen Vitamin D-Spiegel einher. Als Medikamente zur Therapie werden Immunsuppressiva wie Kortison eingesetzt. Dadurch verringert sich der Vitamin D-Spiegel noch zusätzlich. Zur Therapie ist deshalb Vitamin D in hohen Dosen erforderlich.41

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Homepage www.moebius-dental.de oder auf Fortbildungsveranstaltungen, beispielsweise vom 10. bis 12. Juni 2021 in Dresden. Die Ansprechpartnerin dort ist Frau Edda Anders LZÄK Sachsen, Fax +49 351 8066-106 oder per Mail an anders@lzk-sachsen.de.

Die Fortsetzung folgt im Teil 5.2.


Hier gelangen Sie zu den vorangegangenen Beiträgen der Serie:

Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4

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