Abstract
Extrahierte Zähne werden als klinischer Abfall angesehen und entsorgt, obwohl bekannt ist, dass die chemische Zusammensetzung von Dentin eine hohe Ähnlichkeit mit der des Knochens aufweist. Pathologisch bekannte Phänomene nach Zahnreimplantationen, die durch laterale Wurzelresorptionen den reimplantierten Zahn zur Ankylose in sein umgebendes Knochenfach führen, können durch ein neuartiges Verfahren als kurativer Ansatz in den klinischen Alltag integriert werden. So ist es möglich aus einem extrahierten Zahn in einem Zeitfenster von 15 Minuten ein körpereigenes, bakterienfreies partikuliertes Ersatzmaterial zu erzeugen. Dies kann sofort für die entstandene Extraktionsalveole oder für andere Knochendefekte eingesetzt werden und entspricht in seiner Handhabung bereits bekannten Knochenersatzmaterialien auf partikulärer Basis. Mit dem Wissen um diese Technik sollte daher ein Umdenken bei der Bewertung eines extrahierten Zahnes entstehen.
Betrachtet man die aktuellen Strömungen in fachspezifischen Internetforen, so kommt man schnell zum Schluss, dass auto- loge (= körpereigene) Konzepte längst in den Praxen etabliert sind. Viele dieser Konzepte dürften jedoch dem eher allgemein tätigen Zahnarzt unbekannt sein. Beschränkt man seinen Blick auf die Nutzung infauster Zähne als mögliche autologe Quelle, so sind zwei Techniken zum Knochenerhalt von besonderem Interesse. Zählt die sogenannte Socket Shield Technik (Bäumer et al., 2017), welche eine Zahnlamelle bewusst zum Schutz der vestibulären Knochenwand belässt, eher zu den Techniken eines Spezialisten, ist aus der Sicht des allgemein tätigen Zahnarztes eine andere besonders interessant: die Gewinnung eines autologen partikulierten Knochenersatzes aus extrahierten Zähnen. Betrachtet man die chemische Zusammensetzung des Zahnes, so lässt sich feststellen, dass neben Kollagen Typ I und Schmelz, der Zahn im Wesentlichen aus Dentin besteht (Hellwig et al., 2007), dieses wiederum aus Hydroxylapatit, welches durch Osteoklastenwirkung im Rahmen einer Ersatzresorption zu Knochen umgebaut werden kann (Hammarström et al., 1989). Ein Prozess, welcher jedem Zahnarzt unter Ankylose bekannt sein sollte.
Alveolarkammerhalt mittels Socket Preservation wird gemeinhin als ein einfacher chirurgischer Eingriff empfunden. Jedoch herrscht eine erhebliche Unsicherheit unter Zahnärzten, welches Knochenersatzmaterial als besonders geeignet für diese Erhaltungsmaßnahme ist. Bekannt ist, dass es zu einem signifikanten Volumenverlust nach Zahnextraktion kommt, welches sich in einer Reduzierung des alveolären Knochens wiederspiegelt (Schropp et al., 2004). Der Knochen resorbiert in verstärkter Weise apikal und an der vestibulären Lamelle, so dass eine in seiner vertikalen und transversalen Ausdehnung reduzierter Alveolarkamm verbleibt. Somit kann das Knochenlager für die nachfolgende Implantation kompromittiert sein und es kann zu ästhetischen wie funktionellen Einbußen kommen. Diese Einbußen können über die gezielte Nutzung der Socket Preservation reduziert werden (Avila-Ortiz et al., 2014).
Oberkiefermolaren haben drei distinktive Wurzeln, palatinal, mesio-vestibulär und disto-vestibulär. Die palatinale Wurzel ist zuweilen die längste und breiteste, wohingegen die vestibulären in ihrer Ausdehnung und ihrem Volumen erheblich kleiner sind. Ist eine sofortige Implantation in einer Extraktionsalveole im Oberkieferseitenzahnbereich geplant, so gilt es, die Implantationsstelle hinsichtlich der späteren Nutzungsperiode in Funktion und Ästhetik zu berücksichtigen. Wird für die Positionierung des Sofortimplantats in die palatinale oder in eine der vestibulären Extraktionsalveolen implantiert, so resultiert eine implantatgetragene Krone mit fazialer/palatinaler Konturierung und ästhetischer und funktioneller Einschränkung. Bei der palatinalen Extraktionsalveole ist zu beachten, dass ein dort positioniertes Implantat zu weit in Richtung Gaumen positioniert ist und es zu Problemen in der Lautbildung und mit der Zunge kommen kann. Daher ist es erstrebenswert, das Implantat in das interradikuläre Septum zu positionieren. Zusätzlich bietet sich die Socket Preservation und somit die gesteuerte Auffüllung der umgebenen Extraktionsalveolen mit einem Knochenersatzmaterial an, um der Atrophie entgegen zu wirken.
Eine weitere Problemstellung zeigt sich in der Oberkieferseitenzahnregion nach chirurgischer Zahnentfernung: Wird unter Funktion der Boden der Nasennebenhöhle durch die Wurzeln der Seitenzähne, gleichsam wie ein Zelt, hochgehalten, so kollabiert das vertikale Knochenangebot nach der Zahnentfernung. Zusätzlich kommt es zu einer vestibulären Einziehung des Knochens, welche gerade bei Patienten mit hoher Lachlinie zu ästhetischen Problemen führen kann. Levi et al. (2017) konnten zeigen, dass die Nutzung der gesteuerten Knochenregeneration in diesem Bereich signifikant zu einem geringeren Volumenverlust in Höhe und Breite führte, als dies beim Unterlassen des Einbringens von Knochenersatzmaterial der Fall ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Defekte durch chirurgische Maßnahmen kleinerem, wie zum Beispiel durch einen krestalen Sinuslift, oder größeren (lateraler Sinuslift) ausgeglichen werden müssen. Nicht nur ist somit die Komorbidität gesteigert, sondern es entstehen zusätzliche Kosten für den Patienten.
Daher stellt sich die Frage, ob ein routinemäßiger Einsatz der Socket Preservation mit geringem Material-, Kosten- und Zeiteinsatz nicht eine sinnvolle Alternative im Sinne einer präventiven Maßnahme zu den sonst üblichen rekonstruktiven Verfahren darstellt. Bei richtiger Indikation und umfangreicher Aufklärung bietet ein solches Konzept dem Patienten die Möglichkeit, sich schon zum Zeitpunkt der Extraktion für dieses weniger invasive Erhaltungskonzept zu entscheiden.
Ankylose
In der chemischen Zusammensetzung sind Dentin (70 % Hydroxylapatit, 20 % Collagen Typ I, 10 % Wasser) und kortikaler Knochen (60 % Hydroxylapatit, 30 % Collagen Typ I, 10 % Wasser) sehr ähnlich aufgebaut (Murata et al., 2013). Die Dentinmatrix zeigt hinsichtlich seiner osteoin- duktiven und osteokonduktiven Eigenschaften ein ebenfalls dem Knochen vergleichbares Verhalten, welches zu einer Beschleunigung der körpereigenen Heilung führen kann (Reis-Filho et al., 2012). Dentin beinhaltet in seinem kristallinen Gefüge eingeschlossen eine Vielzahl an verschiedenen bioaktiven Wachstumsfaktoren (GF) sowie knochenbildenden Matrixproteinen (BMP) (Aubeux et al., 2016; Ike et al., 1998; Hassan et al., 2003; Kim et al., 2013). Unter pathologischen Gegebenheiten wie nach Trauma und Avulsion sind Resorptionserscheinungen der Wurzel bekannte Phänomene, in deren Verlauf es zur Umwandlung von Dentin in Knochengewebe kommt. Hierbei scheint das fehlende Desmodont eine entscheidende Rolle zu spielen, da Resorption durch Osteoklasten den direkten Kontakt zwischen Alveolarknochen und Zahn benötigt (Andersson et al., 1984; Andreasen et al., 1966).
Die gute Biokompatibilität (Bakhshalian et al., 2013) von Dentin hinsichtlich der histologisch erkennbaren Knochenneubildung, der Wundheilung und der Implantatstabilität führt zu gleichwertigen Ergebnissen wie bei der Nutzung von xenogenem Knochenersatz (Pang et al., 2016) oder autologem Knochen (Nampo et al., 2010), welche die gesteuerte Nutzung des Dentins für kurative Ansätze als mögliche autologe Quelle dokumentiert. Ein zeitlich unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Extraktion und der Nutzung des Zahnes zur gesteuerten Knochenregeneration muss nicht gegeben sein, da Wachstumsfaktoren und extrazelluläre Matrix im Dentin erhalten bleiben (Schmidt-Schultz et al., 2005) und somit eine zeitlebende Nutzung des extrahierten Zahnes möglich ist.
Mineralisierter und demineralisierter Zahn als autologer Knochenersatz
Aktuell befinden sich weltweit zwei Verfahren in der klinischen Anwendung, die den Zahn als autologes Ersatzmaterial nutzen (Tabatabaei et al., 2016). Das in diesem Artikel beschriebene Verfahren nutzt den Zahn in seiner mineralisierten Form als Partikulat. Ein weiteres Verfahren (Top Graft, Vacua Sonic Systems, Südkorea) von Sohn et al., nutzt hingegen den extrahierten Zahn demineralisiert als Block oder Partikel (Kim et al., 2010, 2013; Murata et al., 2011). Dieses Verfahren benötigt aktuell 30 Minuten Zeit für ein Partikulat oder zwei Stunden für einen Zahnblock.
Demineralisiertes Material bedarf somit einer deutlich längeren Verarbeitungszeit. Das dekalzifizierte Material setzt initial mehr Wachstumsfaktoren frei als nicht demineralisiertes Material (Bakhshalian et al., 2013), zeigte jedoch klinisch in Vergleichsbeobachtungen mit mineralisiertem autologen Ersatzmaterial keine wesentlichen Unterschiede bezüglich der Osseointegration.
Smart Grinder Konzept
Der Champions Smart Grinder ist ein Produkt der israelisch- amerikanischen Firma KometaBio Tissue Engeneerig und wurde maßgeblich von Herrn Professor Binderman entwickelt (Univ. Tel Aviv, Israel). Retrospektiv gibt es eine 4-Jährige Erfahrungsgrundlage, wobei das Prinzip der Nutzung von Dentin als Medium der Osseoregeneration bereits 1967 beschrieben wurde (Yeomans et al., 1967). Vom Aufbau ähnelt das Gerät optisch einer hochwertigen Kaffeemühle modernen Designs (Abb. 6). Die Basiseinheit bildet ein Elektromotor mit einer integrierten Vibrationsplatte. Dieser Einheit lässt sich eine Kammer aufsetzen, welche ein nicht zu sterilisierendes Einmalprodukt ist. Die Kammern sind in mehrere Kompartimente unterteilt. Das größte ist die mit einer Plexiglashaube zu schließende Hauptkammer, in welcher der Zahn eingelegt und mittels Mühlwerk zerkleinert wird (Abb. 3).
Bei Aktivierung der Vibrationsfunktion fällt das Partikulat durch ein erstes Sieb, so dass nur Partikel einer definierten Größe von 300–1200 Mikrons die Hauptkammer verlassen können. Verbleiben größere Partikel in der Hauptkammer, so kann die Partikulierung beliebig oft wiederholt werden, bis alle Zahnanteile die Hauptkammer verlassen haben. Diese gelangen über eine kurze Fallstrecke in die erste Auffangkammer, welche wiederum ein Sieb von 300 Mikrons im Boden aufweist. Durch aktivierte Vibration werden somit Partikel, die sich wissenschaftlich als zu klein erwiesen haben, in einem Abfallcontainer separiert.
Das Aufarbeitungsprotokoll beinhaltet vier einfache Schritte, bestehend aus Extraktion, mechanischer Reinigung, Partikulierung und chemischer Reinigung:
Die Extraktion erfolgt nach den Regeln der Minimalinvasivität und sollte chirurgisch, idealerweise ohne Zangen, mit Bedacht auf die vestibuläre Lamelle erfolgen. Anders als bisher, muss jedoch ebenfalls bei Osteotomien Wert auf den Substanzerhalt des Zahnes gelegt werden. Grundsätzlich werden alle extrahierten Zahnbruchstücke (Wurzel und Überreste der klinischen Krone) dem Smart Grinder Verfahren zugeführt, nachdem diese mechanisch mittels Diamanten von allen Unreinheiten wie Füllungen, Zementen, Karies und Konkrementen entfernt wurden (Abb. 1). Als besonders wichtig hat sich die penible Trocknung der Fragmente erwiesen, da Feuchtigkeit den Prozess des Partikulierens erheblich negativ beeinflussen kann.
Die Zerkleinerung des Zahnes erfolgt in der oben genannten Kammer und wird durch den Hersteller mit 3 Sekunden für die Zerkleinerung und 20 Sekunden für die Sortierung angegeben. Ein zusätzliches seitliches Klopfen an die Kammer befreit zuweilen interkalierte Partikel, so dass dies routinemäßig empfohlen werden kann.
Der Inhalt der Auffangkammer (Abb. 2) wird in das mitgelieferte Dappenglas gefüllt und im ersten Schritt der chemischen Reinigung für 10 Minuten komplett mit dem mitgelieferten „Dentin Cleanser“ benetzt. Dies ist eine Lösung aus Natrium- hydroxid und 20 % Alkohol. Mittels sterilem Tupfer wird die Flüssigkeit nach der Einwirkzeit abgeführt und für 3 Minuten gegen phosphatgepuffertes Kochsalz ausgetauscht (Neutralisation). Nach Abführung der Flüssigkeit im selben Verfahren ist das Produkt einsatzbereit und kann sofort verwendet werden (Abb. 4). Der Zeitliche Aufwand beträgt insgesamt ca. 15 Minuten und erzeugt ein stets größeres Volumen als das des zugrundeliegenden Zahnes. Nach eingehender Schulung ist der gesamte Prozess der Aufarbeitung des Materials delegationsfähig.
Klinische Anwendung
Die Anwendung eines autologen Materials in partikulierter Form entspricht dem selben Anwendungsspektrum anderer partikulierten Materialien, so dass dies in Indikationen wie der gesteuerten Knochenregeneration, dem Sinuslift oder der Therapie parodontaler Defekte genutzt werden kann. Die Partikel besitzen nach dem Aufarbeitungsprozess eine gewisse Adhäsivität, so dass sich das Produkt gut verarbeiten lässt, an den Instrumenten haftet (Abb. 5) und eine gewisse Ortständigkeit beim Einbringen ermöglicht. Sie bieten ferner den Vorteil, dass im Gegensatz zu einem autologen Knochenblock nur geringe Komorbiditäten bei der Entnahme entstehen und kein weiterer OP Situs eröffnet werden muss.
Gleichzeitig ist das Verfahren selbstverständlich auf die Nutzung des eigenen Zahnes beschränkt, wobei jeder Zahn unabhängig seines Extraktionszeitpunktes zeitlebens genutzt werden kann. Sollte nicht das gesamte Material verbraucht werden, so kann dies dem Patienten mitgegeben werden. Bei erneuter Nutzung muss dann erneut der Reinigungsprozess durchlaufen werden. Auch die Mitgabe der genutzten Kammer ist zu empfehlen.
Klinisches Beispiel 1: Knochenbetterhalt bei infauster endodontischer Prognose
Eine 30-jährige Patientin stellte sich im Oktober 2016 in unserer Praxis mit Schmerzen ausgehend von Zahn 36 vor, welcher zu Beginn des Jahres notdienstlich während ihrer Schwangerschaft endodontisch versorgt wurde, jedoch nicht weiter behandelt worden war. Bei unauffälliger Allgemeinanamnese und infauster endodontologischer Prognose wurde sich für die Extraktion des Zahnes entschieden.
Der Patientenwunsch war es, dass die prothetische Rehabilitation nicht über eine Brücke, sondern durch eine zementierte Implantatkrone gelöst werden sollte. Da die Patientin keinen körperfremden Knochenersatz wünschte, wurde sich für die Nutzung des extrahierten Zahnes für das Smart Grinder Ver- fahren entschieden.
Chirurgisches Vorgehen
Nach initialer Leitungsanästhesie wurde der Zahn mittels Lindemannfräse in zwei Anteile separiert und unter spezieller Beachtung auf die vestibuläre Knochenlamelle entfernt. Die beiden Zahnfragmente wurden gesammelt, mechanisch mittels Diamant gereinigt, mittels Sprayvit luftgetrocknet und dem Smart Grinder Verfahren zugeführt. Nach der Partikulierung erfolgte die chemische Reinigung des autologen Ersatzes. Während dieser Zeit wurde die Extraktionsalveole mittels scharfem Löffel gründlich gereinigt und anschließend unter Zuhilfenahme einer Lupenbrille ausgiebig kontrolliert, so dass keine weichgewebigen Anteile in dem Knochenfach verblieben.
Die Extraktionsalveole wurde bis zu ihrer Knöchernen Begrenzung unter leichter Kompression, die über einen sterilen Tupfer erfolgte, mit dem autologen Ersatzmaterial aufgefüllt (Abb. 7) und durch einen mobilisierten Mukoperiostlappen nach Periostalschlitzung verschlossen. Die Kontrolle am Folgetag sowie zum Zeitpunkt der Fandenentfernung zeigte keine postoperativen Komplikationen.
Implantation
Nach einer Einheilungszeit von drei Monaten erfolgte die erneute Freilegung für die Implantation gegen Ende Januar 2017 über eine krestale Schnittführung und erneuter Mobilisation eines Mukoperiostlappens. Das Areal des rekonstruierten Knochens zeigte sich vital, wies eine gute Durchblutung (Vaskularisation) auf und hielt das aufgebaute Volumen des chirurgischen Eingriffs vom Oktober 2016. Ein Titanimplantat (Champions-Implants GmbH, Flonheim) mit einer Länge von 10 mm und einem Durchmesser von 4 mm wurde mit einem Drehmoment von 40 Ncm inseriert (Abb. 8, 9). Aufgrund der exzellenten Primärstabilität wurde sich für eine transgingivale Einheilung entschlossen. Der OP- Situs wurde zusätzlich mit zwei monofilen Fäden stabilisiert und die postoperativen Kontrollen verliefen erneut komplikationslos.
Klinisches Beispiel 2: Ausgedehnter Parodontaldefekt und Smart Grinder
Bei parodontal infauster Ausgangslage des Zahnes 47 (Abb. 10) wurde sich für die Nutzung des Zahnes für den simultanen Knochenaufbau der Extraktionsalveole und des ausgedehnten Parodontaldefektes entschieden.
Dieser oftmals typische Befund kann zur Folge haben, dass das Knochenniveau distal 46 nach der Extraktion kompromittiert wird und aufgrund des freiliegenden Zahnhalses von 46 sowohl Sensibilitätsstörungen als auch vermehrt Wurzelkaries am nun endständigen Zahn auftreten können.
Im konkreten Fall wurden die allseits begrenzte Extraktionsalveole und der Defektbereich bis auf das angrenzende Knochenniveau aufgefüllt (Abb. 11) und mittels Adaptationsnaht fixiert (Abb. 12). Die radiologische Kontrolle nach einem Monat zeigte eine homogene Knochenstruktur im Bereich der Extraktionsalveole mit einer Knochen-Dentin Dichte, die in der Regel D1-D2 Knochen entspricht (Abb. 14).
Resümee
Unzweifelhaft sind Verfahren, die Materialien aus dem Körper des Patienten gewinnen und zu dessen eigener Heilung einsetzen, in Bereichen der Weichgewebschirurgie und des Knochenblocks bereits jetzt etabliert und standardisiert, jedoch sind diese techniksensibel und eher dem Experten zuzuordnende Behandlungsprotokolle. Mit einer klinischen Erfahrung von ca. 4 Jahren ist das beschriebene noch ein recht junges und wenig etabliertes Protokoll, welches jedoch durch seine einfache Durchführbarkeit, seine geringen Kosten für den Anwender und für den Patienten, sowie dem breiten Anwendungsspektrum auch dem Generalisten den erleichterten Zugang zu einem autologen Behandlungsverfahren ermöglicht. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Verfahren zu einem weiteren Standardverfahren entwickelt. Das Potential bei aktuell 13 Millionen gezogenen Zähnen in Deutschland ist sicherlich vorhanden. Ethisch stehen wir Zahnmediziner mit diesem Verfahren umso mehr in der Aufklärungspflicht, da wir dem Patienten bei jeder Extraktion das autologe Biomaterial Zahn bei nicht direkter Nutzung zur Mitnahme anbieten müssten und explizit auf die Möglichkeiten des Verfahrens hinweisen sollten.