Im vorgestellten Fall liegen bei der 63-Jährigen Patientin Metallunverträglichkeiten sowie eine Nickelallergie vor. Festgestellt wurden diese bei einem Allergietest. Die Zahntechniker entschieden sich bei der analog-digitalen Herstellung für den Einsatz von BioHPP als biokompatiblen Werkstoff.
Im Oberkiefer waren lediglich die Zähne 13, 11 bis 23 vorhanden und wurden als Basis für Innenteleskope in Betracht gezogen. Im Unterkiefer waren noch die Zähne 44 bis 47 vorliegend, 47 mit einer Metallteilkrone versorgt. Aufgrund der Metallunverträglichkeit gab es massive Probleme bei diesem Zahn, so dass sich der Zahnarzt für eine Extraktion entschied. Nach Abheilung der Extraktionswunde konnte die Behandlung des Unterkiefers fortgeführt werden. Die vorhandene Versorgung sollte nun durch eine langzeitstabile, hochwertige und metallfreie Versorgung ersetzt werden.
Um den Biss richtig einzustellen und eine optimale statische Verteilung der Restzähne zu erzielen, wurde vorab eine Kiefergelenksvermessung mit dem zebris-System durchgeführt. Die hergestellte Okklusionsschiene führte zu einer Bissregulierung. Dazu wurden die verbliebenen Zähne 45 bis 42 beschliffen und die Okklusion mit der Schiene registriert. Nach dem Einstellen des Bisses erfolgte die Abdrucknahme mit Doppelmisch nach dem Fädenlegen mit Kanibite (Kanidenta). Nach der Kronenentfernung von Zahn 47 wurde das Zahnfleisch distal tiefer geschnitten, da der Stumpf sonst zu flach gewesen wäre.
Bei derartigen Indikationen (reduzierter Zahnbestand und der optimalen statischen Verteilung der Restzähne) bevorzugen die Zahntechniker die Doppelkronentechnik, die sich als Halte- und Stützmethode bestens bewährt hat. Argumente dafür sind die guten parodontalhygienischen Eigenschaften, die sekundäre Verblockung der vorhandenen Zähne sowie die einfache Erweiterbarkeit.
Aufgrund der vorliegenden Metallunverträglichkeiten kam nur eine metallfreie Variante in Frage. Die Oberkieferversorgung erfolgte mit CAD/CAM-gefertigten zirkonbasierten Innenteleskopen sowie einem Außengerüst, bestehend aus BioHPP. Die Zähne 13, 11 bis 23 wurden dazu für die Aufnahme von Primärkronen präpariert. Es folgten die Situationsabformung sowie die Fertigung der Modelle. Für die Herstellung der metallfreien Primärteile wurde das Material Zirkoniumdioxid (cercon) gewählt. Bewährt haben sich die Primärkronen aus Zirkoniumdioxid vor allem durch die hervorragende Schleimhautverträglichkeit und Verschleißfreiheit. Die Sekundärteile wurden aus BioHPP hergestellt, besonders die Laufeigenschaften auf Zirkoniumdioxid-Primärteilen sind sehr gut; die Teleskope gleiten leicht ineinander.
Inhouse gefertigt
Das Oberkiefer-Modell für die Herstellung der zirkonbasierten Innenteleskope wurde mit dem 3Shape 800 Scanner gescannt und nachfolgend mit der Software Dental Designer von 3Shape im Labor konstruiert. Hergestellt wurden die Innenteleskope im Labor mit der cercon brain-Xpert-Fräsmaschine. Für die Fertigung der Sekundärteile erfolgte nach der Einprobe die Überabformung mit dem individuellen Löffel.
Im nächsten Schritt wurde das BioHPP-Gerüst im Labor fertiggestellt, in Wachs modelliert und eingebettet. Zum Presssystem gehören neben dem Granulat BioHPP ein Muffelteller mit Silikonring, Einbettmasse, der Einweg-Pressstempel sowie das pneumatische Vakuum-Pressgerät. Mit Wachsdrähten wurde die Wachsmodellation mit ausreichend stark dimensionierten Kanälen angestiftet.
Der Pressvorgang wurde bei 400 Grad mit dem entsprechenden Pellet durchgeführt. Dabei ist das Vorwärmen auf 890 Grad ausgerichtet, die Temperatur wird dann auf 400 Grad gehalten. Der Pressvorgang dauert 35 Minuten. Das Besondere an diesem Prinzip ist, dass der Pressvorgang während des Abkühlens der Muffel fortgesetzt wird, wodurch die guten Werkstoffeigenschaften des Materials zum Vorschein kommen.
Das Ausbetten erfolgte im gewohnten Verfahren: Entfernung der Einbettmasse und Abstrahlen des Objekts mit Aluminiumoxid. Nach dem Ausarbeiten erfolgte das vorsichtige Aufsetzen des Gerüstes auf die zirkonbasierten Innenteleskope nach entsprechendem Herstellerprotokoll, circa acht Stunden pro Gerüst. Besonders wichtig ist die Politur der Innenteleskope auf Hochglanz. Damit wird eine Wasseraufnahme und Wasserlöslichkeit unter 1 Prozent erzielt.
BioHPP – optimale Alternative für allergiesensible Patienten
BioHPP (Bio High Performance Polymer, bredent) ist als keramikverstärktes Hochleistungspolymer zur Herstellung von partiellen Teilprothesen geeignet. Der Werkstoff basiert auf Polyetheretherketon (PEEK), das in der Humanmedizin seit vielen Jahren zum Beispiel für Hüftgelenkprothesen erfolgreich eingesetzt wird. Das Material BioHPP erreicht eine Biegefestigkeit von 180 bis 185 Megapascal (MPa), hat eine geringe Wärmeleitung, eine Verbundfestigkeit von > 38,8 MPa und das Elastizitäts-Modul beträgt 4.200 bis 4.800 MPa. Es gilt als Medizinprodukt der Klasse IIa und weist eine besonders hohe Gingivafreundlichkeit und Biokompatibilität auf.
Die Wachsaufstellung erfolgte mit den Zähnen neo.lign (bredent) und den passenden Verblendschalen novo.lign. Der spätere sichere Verbund mit dem abgestimmten Verblendmaterial visio.lign ergänzt die Vorteile der durchgängigen Materialkette. Somit ist die beste Kombination einer effizienten und rationellen Versorgung geboten. Mit diesen Eigenschaften bietet sich BioHPP als metallfreier Werkstoff als optimale Alternative für allergiesensible Patienten an.
Mit BioHPP haben wir nun die Möglichkeit bei allergiesensiblen Patienten die für abnehmbaren Zahnersatz geforderten Eigenschaften wie Stabilität und Mundbeständigkeit zu erfüllen. Die gesundheitlichen Vorteile stehen bei Allergiefällen im Vordergrund, umso besser wenn wir als Zahntechniker auch noch ein Material vorliegen haben, das uns verbesserte Eigenschaften bei der Verarbeitung bietet.
Eigenschaften von PEEK-basierten Materialien
Farbe | Beige, cremefarben |
Nutzen für Zahnarzt, Zahntechniker und Patient | Korrosionsbeständigkeit, sehr gute Gleiteigenschaften, Hohe Abrieb- und Verschleißfestigkeit, Geruchsneutralität durch geringe Wasseraufnahme, Optimale Polierbarkeit, Metallfreiheit, Nutzbarkeit für allergiesensible Patienten, Bruchfestigkeit |
Empfehlung | Innenteleskope aus Zirkonoxid |
Fazit
Die Patientin erfreut sich eines natürlichen Mundempfindens mit der neuen metallfreien Versorgung. Sowohl das Gewicht, die Wärmeleitfähigkeit, Elastizität, Glätte und die physiologische Integration sorgen dafür, dass die Patientin beim Tragen die Versorgung nicht oder kaum bemerkt. Sie bestätigte das patientengerechte Ein- und Ausgliedern, eine gute Hygienefähigkeit, kein Spannungs- und Druckgefühl und nicht zuletzt Plaque-Resistenz.
Das gepresste Kunststoffgerüst zeigt eine hohe Biokompatibilität auf. Verschiedene Zahnfarben bieten uns die Möglichkeit der individuellen Anpassung der zahntechnischen Versorgung vor allem im sichtbaren Bereich. Damit ist BioHPP als Werkstoff für die Versorgung von allergiesensiblen Patienten mit herausnehmbaren, metallfreien Zahnersatz hervorragend geeignet.
Besonderer Dank gilt Dr. Enrico Trilck für die gemeinsame Erstellung der Versorgung.