Ätiologie und Resorptionsarten im Vergleich
Bei einer Wurzelresorption handelt es sich um einen progressiven Verlust von Zahnhartgewebe als Folge von odontoklastischer Zellaktivität. Im bleibenden Gebiss ist dieser Vorgang immer pathologischer Natur. Der Wurzelzement und das Prädentin fungieren normalerweise als Schutzschicht, aber im Falle einer Schädigung kommt es zu einer direkten Exposition der Dentinschicht. Odontoklasten haften an diesen exponierten Hartsubstanzarealen.
Die Folge: Die resorbierenden Zellen setzen Wasserstoffionen und proteolytische Enzyme frei, was zum Abbau mineralisierter und organischer Substanzen und damit zu Resorptionslakunen führt. Die verschiedenen Arten der Wurzelresorptionen unterscheiden sich in der primären Ursache und im zusätzlichen Stimulus. Mögliche Auslöser sind Traumata und Infektionen, die zu einem transienten oder progressiven Krankheitsverlauf führen (siehe nachfolgende Tabelle).
Klassifikation von Wurzelresorptionen:
Resorptionsart | primäre Ursache | zusätzlicher Stimulus |
externe transiente Resorption | räumlich begrenzter mechanischer Wurzelzementschaden | |
externe Gewebsersatzresorption | massiver Wurzelzementschaden (>20% der Wurzeloberfläche) | |
externe infektionsbedingte Resorption | massiver Wurzelzementschaden | Wurzelkanalinfektion |
externe invasive zervikale Resorption | räumlich begrenzter mechanischer Wurzelzementschaden? | hypoxische Mikroumgebung, ausgelöst durch einen räumlich begrenzten parodontalen Gewebsschaden mit komprimitierter Blutversorgung? sulkuläre Infektion? |
interne Resorption | Schaden der Prädentinschicht | Wurzelkanalinfektion koronal des resorptiven Defektes und vitales Gewebe apikal davon |
Diagnostische Feinheiten der internen Resorption
Die Prävalenz der internen Wurzelresorption beträgt 0,1 bis 1,6 Prozent, die Erkrankung wird also auch von rein endodontologisch tätigen Zahnärzten nur sehr selten gesehen. Am häufigsten sind Frontzähne betroffen, danach folgen die Molaren und Prämolaren. Als typische Ursache gelten Traumata, aber auch Parodontalerkrankungen, Karies, Pulpaüberkappungen, präparationsbedingte Wärmeentwicklung und kieferorthopädische Behandlungen können zu einer internen Resorption führen. Meist ist sie klinisch asymptomatisch, aber Anzeichen einer irreversiblen Pulpitis sind möglich, weshalb auch spontane Schmerzen und Druckempfindlichkeit auftreten können.
So war es auch bei einer Patientin, die mit Beschwerden im Unterkieferfrontbereich in der Praxis erschien. Bei der Untersuchung wies einer der Zähne Klopfempfindlichkeit auf. Der betroffene Zahn sprach außerdem nicht auf den Vitalitätstest an. Damit wurde eine Röntgenaufnahme zur Prüfung des Verdachts auf eine beschädigte Zahnwurzel erforderlich.
Die Diagnostik einer internen Wurzelresorption ist nicht ganz einfach, vor allem da die Verwechslungsgefahr mit der externen invasiven zervikalen Resorption sehr groß ist. Im Röntgenbild zeigt sich bei betroffenen Patienten häufig ein scharf begrenzter, achsensymmetrischer transluzenter Bereich, der in diesem Fallbeispiel im mittleren Wurzeldrittel lag (Abb. 1). Mit der sichtbaren Dentinauflösung und einer Perforation nach außen war in diesem Wurzelbereich auch eine Aufhellung im Knochen assoziiert. Eines der Hauptunterscheidungsmerkmale zur zervikalen Resorption ist die bei internen Resorptionen bestehende Auflösung der Wurzelkanalwand im Resorptionsbereich, die im Röntgenbild hier deutlich zu erkennen war. Da unabhängig vom Strahlenwinkel die Läsion zentriert bleibt, empfiehlt es sich, im Zweifel ein zweites Röntgenbild mit verändertem Einstrahlwinkel zu nehmen.
Außerdem kann bei Unsicherheiten in der Differential-diagnostik die Nutzung der digitalen Volumentomografie sinnvoll sein. Die dreidimensionale Darstellung der Zahnwurzeln kann die Analyse der strukturellen Veränderungen und damit die Abgrenzung zur externen invasiven zervikalen Resorption durchaus vereinfachen.
Die Resorptionslakune dieses Fallbeispiels war im mittleren Wurzeldrittel begrenzt, aber interne Resorptionen können sich in den ganzen Wurzelkanal ausbreiten. Zwingend für die Entstehung der internen Resorption ist ein bakterieller Stimulus, allerdings muss apikal der initialen Resorptionslakune immer vitales Gewebe vorhanden sein, damit die Odontoklasten unterhalten werden können. Stirbt das apikal gelegene Gewebe ab, sistiert die Resorption. Es findet äußerst selten Ersatz durch Hartgewebe statt. Bei koronaler Lokalisation ist eine rötliche Verfärbung der Zahnkrone möglich, was wiederum die Verwechslungsgefahr mit einer invasiven zervikalen Resorption erhöht.
Abgrenzung von der externen invasiven zervikalen Resorption
Wie bereits beschrieben, ist für die interne Wurzelresorption eine potentielle Verwechslung mit der externen invasiven zervikalen Resorption typisch. Das war auch bei diesem Fallbeispiel so. Der Durchbruch des Entzündungsherdes nach außen hätte auch als tiefer gelegener Resorptionskanal gedeutet werden können, wie er bei zervikalen Resorptionen oft zu finden ist. Obwohl bei zervikalen Resorptionen die Vitalität lange erhalten bleibt, kann es auch hier im fortgeschrittenen Stadium zur Nekrose kommen. Umgedreht kann das apikal gelegene vitale Gewebe auch bei interner Resorption noch Kälte spüren, also der Zahn vital reagieren.
Bei der externen invasiven zervikalen Resorption treten die Defekte an der äußeren Wurzeloberfläche im Zahnhalsbereich auf. Je nach Ausmaß liegen kleine bis über das koronale Wurzeldrittel nach apikal hinausreichende Resorptionsprozesse vor. Sie dringen ins Dentin und lassen Resorptionskanäle zurück, die an anderer Stelle ins Parodont eindringen können. Erst im Endstadium ist eine Verbindung zur vitalen Pulpa möglich. Im fortgeschrittenen Stadium finden Reparaturprozesse statt. Teilweise wird das Granulationsgewebe durch knochenähnliches Hartgewebe mit korallenartiger Morphologie ersetzt. Reparationsprozesse dieser Art treten auch bei einer Sonderform der internen Resorption auf: Bei der internen Ersatzgewebsresorption kommt es zur Bildung einer knochen- beziehungsweise zementähnlichen Hartsubstanz im Wurzelkanal.
Typisch für externe invasive zervikale Resorptionen ist eine asymmetrisch gesprenkelte Radioluzenz, eine bogenförmige Ausbreitung um den Wurzelkanal und eine Wanderbewegung mit Veränderung der Strahlenrichtung. Diese Merkmale waren auf dem Röntgenbild des Fallbeispiels nicht ersichtlich, weshalb die Diagnose der internen Wurzelresorption gestellt und auf eine DVT-Aufnahme verzichtet wurde. Bei Verdacht auf eine externe invasive zervikale Resorption ist ein DVT-Bild zur Bestimmung von Eintrittspforte und Ausdehnung fast zwingend notwendig.
Ablauf der Wurzelbehandlung bei der internen Resorption
Die saubere Diagnostik ist bei Wurzelresorptionen vor allem für die Wahl der Therapie von Bedeutung. Während bei externen invasiven zervikalen Resorptionen je nach Defekttiefe, Lokalisation und Restaurationsfähigkeit eine Wurzelkanalbehandlung nicht immer zwingend notwendig ist, ist sie die einzige Therapieoption bei der internen Resorption. Beim vorgestellten Patientenfall sah der Behandlungsablauf wie folgt aus: Nach der Eröffnung des Wurzelkanals folgte die Entfernung des Nerven und die Kanallängenmessung mittels Messaufnahme, da die Apexlokation mit elektrometrischer Messung aufgrund der Resorptionsperforation der Wurzel nicht verlässlich war (Abb. 2). Anschließend erfolgten die Aufbereitung des Kanals, die Desinfektion (Abb. 3) und die Platzierung einer Kalziumhydroxit-Einlage (Abb. 4). Bei der Behandlung interner Resorptionen ist es für die Minimierung der Bruchgefahr wichtig, den Zugang so klein wie möglich und so groß wie nötig zu halten. Eine Spülung mit Schall- oder Ultraschallaktivierung (NaOCI und EDTA) ist zwingend, da die Instrumentierung durch die komplizierte Topographie nur bedingt möglich ist.
Zwei Wochen später erfolgten die Entfernung der Einlage, eine erneute Spülung und die Füllung des unteren Kanaldrittels mit Guttapercha bis zum unteren Rand der Resorptionslakune. Im Resorptionsbereich wurde mit einem biokeramischen Füllmaterial gearbeitet, um den Durchbruch zum Parodont suffizient zu verschließen (Abb. 5). Für den Verschluss des oberen Drittels wiederum sorgte erwärmte Guttapercha (Abb. 6 und 7). Grundsätzlich ist bei irregulären Resorptionsdefekten eine thermoplastische Füllung zu empfehlen, bei Perforationen die Füllung mit MTA oder biokeramischen Massen. Das Kontrollbild sechs Monate nach der Behandlung zeigte den Erfolg der Therapie (Abb. 8).
Fazit
Wurzelresorptionen sind selten und schwierig zu behandeln. In manchen Fällen ist für die Diagnostik ein DVT notwendig, was eine Überweisung erforderlich machen kann. Die korrekte Einordnung der Wurzelresorption ist die Basis für die Wahl der Therapie, deren mögliches Spektrum von der Beobachtung über die Wurzelkanalbehandlung bis zur Lappenoperation reicht.