Diagnostik Knochenstoffwechsel

Dr. Ronald Möbius, M.Sc. Parodontologie
Dr. Ronald Möbius, M.Sc. Parodontologie

Wird parodontal ein Knochenabbau diagnostiziert, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine lokale dentale Ursache an einem Einzelzahn, oder um einen generellen Knochenabbau handelt. Lokale Ursachen (Frakturen, devitale Zähne, Komplikationen nach Wurzelbehandlungen, Probleme durch Füllungen und Zahnersatz, ungünstige Anatomie, Fehlbelastungen) müssen auch lokal therapiert werden. Bei einem generellen Knochenabbau macht es Sinn, über ganzheitliche Therapieunterstützung nachzudenken.

PSA mit ausgeglichenem Knochenstoffwechsel

Eine lokal keimreduzierende Therapie des Parodontiums ist eine örtlich temporäre Therapie. Knochenabbau wird letztendlich ausgelöst durch zu viel aktivierte Osteoklasten und ist ein multifaktorielles Geschehen (mehr dazu auch ab Seite 38). Unterschiedliche Ursachen, Mikroorganismen für Entzündungen und zu viel aktivierte Osteoklasten für den Knochenabbau brauchen auch unterschiedliche Therapien.

Die Therapie der parodontalen Entzündung kann auf vielen Wegen erfolgen. Die Therapie des verstärkten Knochenabbaus durch zu viel aktivierte Osteoklasten kann lokal durch einen Kollagenase-Hemmer auf die Schleimhaut aufgetragen erfolgen oder systemisch durch Aktivierung des gesamten Knochenstoffwechsels. Dazu ist es erforderlich, dass wir unseren diagnostischen Blick schärfen.

Viele Zeichen geben mehr Aufschluss

1. Antlitz-Diagnostik
Der Körper zeigt das, was sich in seinem Inneren abspielt, immer zuverlässig außen. Die Aussagefähigkeit der Pathophysiognomie wird nicht bestritten, doch die Entwicklung der Labor und Apparatemedizin zog die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung, sodass die Kenntnisse der visuellen Diagnostik verkümmerten. Der bedingungslose Glaube an die medizinischen Geräte bringt die Mediziner in die Situation, nicht mehr die Technik zu beherrschen, sondern nur noch nach den Vorgaben und Angaben der Werte zu therapieren. Die einzelnen Merkmale im Antlitz, an Haut und Körper werden den inneren Erkrankungen folgen. Diskrete Stigmata können den inneren Leiden lange Zeit vorausgehen, wodurch eine vorbeugende Therapie möglich wird (H.D. Bach). So gibt es zwei Hinweiszeichen, die im Zusammenhang mit einem negativen Knochenstoffwechsel stehen: Rot verfärbte Kinnregion und senkrechte Hautfalten direkt vor dem Ohr (Abb. 1 und 2).

2. Körpergröße
Die Knochenmasse nimmt in den ersten drei Lebensjahrzehnten zu und bleibt nur solange konstant, solange ein ausgeglichener Knochenstoffwechsel existiert. Bei einem negativen Knochenstoffwechsel wird die Knochenmasse weniger. Durch Sinterung von Wirbelkörpern und Kyphose/Skoliose der Wirbelsäule kommt es dann zum Schrumpfen der Körpergröße. Hierzu die Ausweisangabe (18. Lebensjahr) mit der aktuellen Messung vergleichen. Beträgt die Differenz mehr als 4 cm, ist eine Therapie des Knochenstoffwechsels erforderlich.

3. Abstand Beckenkamm – Rippenbogen
Normalerweise beträgt dieser Abstand vier Querfinger. Bedingt durch die Veränderungen der Wirbelsäule wird dieser Abstand geringer. Bei unter zwei Zentimeter berühren sich schmerzhaft diese beiden Knochen bei der Seitwärtsneigung.

4. Haltung und Bewegung des Patienten
Achten Sie bitte darauf, wie Ihr Patient im Wartezimmer aufsteht und zu Ihnen gelaufen kommt; seien Sie einfach nur aufmerksam. Ein negativer Knochenstoffwechsel ist oft mit eingeschränkter Gelenkfunktion kombiniert. Das heißt, der Patient hat Beschwerden beim Aufstehen, Laufen oder generell beim Bewegen.

Bedingt durch den negativen Knochenstoffwechsel entsteht ein Hohlrundrücken. Die Brustwirbelsäule krümmt sich verstärkt nach hinten, die Lendenwirbelsäule verstärkt nach vorne. In besonders schweren Fällen entsteht der sogenannte „Witwenbuckel“. Dabei sind Schulter und Kopf häufig starr nach vorne gestreckt. Infolgedessen entsteht durch diese Haltung eine verstärkte Krümmung der Halswirbelsäule. Beim Stehen beugen die Betroffenen die Knie stärker als normal, damit sie das Gleichgewicht halten können.

5. Messen der Sauerstoffsättigung mit einem Pulsoximeter
Die Geräte kosten kleines Geld, werden einfach auf den Finger gesteckt und zeigen innerhalb von Sekunden die Sauerstoffsättigung im Blut an.

  • 94 % bis 90 % – erniedrigter Bereich, sofortige Veränderungen erforderlich (Ernährung, Bewegung)
  • unter 90 % – kritischer Bereich, Überweisung zum Fachkollegen
  • unter 80 % – schwere Hypoxie – Krankenhauseinweisung
  • unter 70 % – akute Lebensgefahr

6. Messen des Pulses mit dem Pulsoximeter
Der normale Pulswert beim Erwachsenen sollte um die 60 liegen. Der Toleranzbereich bis 80 ist wesentlich zu hoch und ein fließender Übergang zu krankhaft. Der Wert wird parallel auf dem Pulsoximeter angezeigt. Werte von 80 und darüber deuten auf eine zu hohe Herzfrequenz. Die pathologische Ursache hierfür liegt zu 90 Prozent im Calciumstoffwechsel und ist somit direkt kombiniert mit dem Knochenstoffwechsel.

7. PSA-Aufnahme zur Bewertung der Knochenstrukturen
In der Auswertung sehen wir metallische Restaurationen mit einem deutlichen weißen Röntgenkontrast, während dünne und fehlende Strukturen keinen Röntgenkontrast zeigen und schwarz dargestellt sind, ebenso der orale Bereich, die Kieferhöhlen, der Bereich unter dem Unterkiefer bis zur Schulterregion. Gesunder kräftiger Kieferknochen enthält viel Calcium und dieser hat einen hohen Röntgenkontrast – ausgeglichener Knochenstoffwechsel (Abb. 3 und 4).

8. aMMP8-Test zur Feststellung eines ausgeglichenen Bone Remodeling

  • es wird die aktive Matrix-Metalloproteinase-8 gemessen
  • frühzeitige Diagnostik des Knochenstoffwechsels
  • der verstärkte Knochenabbau wird angezeigt, obwohl er noch gar nicht erfolgt ist
  • der einzige Parameter in der Diagnostik, der uns Zahnärzten zuverlässig den Knochenabbau anzeigt, den wir sonst nur über den Faktor Zeit und nachdem dieser bereits erfolgt ist diagnostizieren
  • die Auswertung erfolgt digital mit einem Reader
  • Speichel wird auf einen Indikator gegeben und nach fünf Minuten lässt sich das Testergebnis ablesen
  • das Ergebnis wird ausgedruckt und auf einen Auswertungsbogen aufgeklebt

9. Anamnese-Befragung ständig aktuell halten, besonders auf Medikation achten
Herz/Kreislauf, Niere, Schilddrüse, Leber, Magen/Darm haben einen wesentlichen Einfluss auf ein gesundes Parodontium.

10. Vitamin D3 Test
Vitamin D3 ist ein wichtiger Faktor im Calciumstoffwechsel. Für einen ausgeglichenen Knochenstoffwechsel ist ein minimaler Wert von 60 ng/ml Blut erforderlich. Dies ist die unterste Grenze. Wir stellen unsere Patienten zwischen 80 und 100 ng/ml Blut ein. Werte unter 30ng/ml Blut korrelieren mit einem negativen Knochenstoffwechsel. Die Messung erfolgt in der Praxis und wird digital ausgewertet. (Abb. 5)

11. Flüssigkeit
Ein ausgeglichener Knochenstoffwechsel benötigt ausreichend Flüssigkeit. Die anzustrebende Flüssigkeitsmenge sollte 40 ml/kg Körpergewicht betragen. Schleimhäute und Zunge reagieren direkt auf Flüssigkeitsdefizit: trockene spröde Lippen und trockene Zunge sind  oft eine Folge. Kommt es zu einem chronischen Flüssigkeitsdefizit, zeigt die Zunge Zahnimpressionen und auf dem Handrücken bleibt die zusammengedrückte Querfalte stehen.

12. Blut-Kreislauf
Blutbildung erfolgt im Knochen. Ein ausgeglichener Knochenstoffwechsel und ein ausgeglichener Blutkreis korrelieren miteinander. Rotes Gesicht, rote Hände und die Beobachtung, dass bei Druck auf den Handrücken der weiße Fleck bestehen bleibt, sind deutliche Zeichen für ein gekipptes Säure-Base- Verhältnis und zu wenig Herzkraft.

13. Atmung
Ein ausgeglichener Knochenstoffwechsel benötigt ausreichend Sauerstoff und Nasenatmung. Mund-Atmer und Patienten mit einer sehr schmalen Nase korrelieren mit einem negativen Knochenstoffwechsel. Mund-Atmer benutzen ihre Nase wenig. Ein Organ, welches wenig benutzt wird, ist klein und zierlich (schmaler Nasenrücken schmale Nasenöffnungen).

Zusammenfassung

Der Zahn ist nicht isoliert, sondern Teil eines Gesamtsystems. Lokale Entzündungsreduktion ist ganz wichtig und sollte immer der erste Schritt in der parodontalen Therapie sein, sozusagen als Vorbereitung für die Therapie. Es gibt keine Mikroorganismen, die parodontalen Knochen abbauen. Dies sind körpereigene Reaktionen, folglich muss zusätzlich zur Entzündungsreduktion der Knochenstoffwechsel therapiert werden. Gelingt es, den gesamten Knochenstoffwechsel positiv zu beeinflussen, hat dies einen wesentlichen Einfluss auf die parodontale Gesundheit und als Begleiteffekt erhält der Patient mehr Lebensqualität, mehr Abwehrkräfte, und andere Grunderkrankungen, bedingt durch den gleichen Ursachenkomplex, werden in ihren Auswirkungen verringert und die Symptomatik stark abgeschwächt.

Kurzum: ein anderer Therapieansatz in der Parodontologie.

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