In der Moderne beschrieb M. L. Hale im Jahr 1956 zum ersten Mal das Verfahren der autologen Zahntransplantation.1 Eine Transplantation geht bei abgeschlossenem Wurzelwachstum mit einer Wurzelbehandlung einher, ist techniksensibel und erfordert vom durchführenden Chirurgen ein hohes Maß an Können. Ein intaktes Zementum ist für die postoperative Entwicklung des Zahnhalteaparates eines transplantierten Zahnes obligatorisch. Ist das Desmodont beschädigt, kommt es zur Ankylose. Gerade diese Problematik können wir Zahnärzte durch die Nutzung des Smart Grinder-Verfahrens umgehen.
Aus pathologischer Sicht kommt es bei Zahnreimplantationen durch die laterale Wurzelresorptionen des reimplantierten Zahnes zur Ankylose im umgebenden Knochenfach. Diese entsteht durch fehlendes Desmodont, da bei dessen Abwesenheit der Osteoklast Zugang zur Wurzeloberfläche erhält und laterale Resorptionsdefekte entstehen. Der Mechanismus der Ankylose kann mit dem Smart Grinder-System der Firma KometaBio (im Vertrieb durch Champions Implants) als kurativer Ansatz im Praxisalltag effektiver integriert werden. So ist es möglich, aus einem extrahierten Zahn in einem Zeitfenster von nur 7 bis 10 Minuten ein körpereigenes, bakterienfreies partikuliertes Autotransplantat zu erzeugen. Dies kann sofort für eine entstandene Extraktionsalveole oder für die Augmentation anderer Knochendefekte eingesetzt werden und entspricht in seiner Handhabung bereits bekannten Knochenersatzmaterialien. Grundsätzlich können alle extrahierten Zahnbruchstücke (Wurzel und Überreste der klinischen Krone) dem Smart Grinder-Verfahren zugeführt werden, nachdem diese mechanisch mittels Diamanten von allen Unreinheiten wie Füllungen, Zementum, Karies und Konkrementen entfernt worden sind. Aktuell ist die Nutzung wurzelkanalbehandelter Zähne jedoch durch den Hersteller noch nicht freigegeben.
Als besonders wichtig hat sich die ausreichende Trocknung der Fragmente erwiesen, da Feuchtigkeit den Smart Grinder in seiner Arbeit beeinträchtigen kann. Die Zerkleinerung des Zahnes erfolgt in weniger als einer Minute. Hierbei wird in circa 10 bis 20 Sekunden der Zahn zerkleinert und in weiteren 20 Sekunden mit einem im Gerät integrierten Vibrationselement in zwei Trennkammern überführt. Als Endprodukt erhält man Partikelgrößen von 300 bis 1.200 μm. Der Inhalt der Auffangkammer wird in ein mitgeliefertes Dappenglas gefüllt und im ersten Schritt für 5 Minuten komplett mit dem mitgelieferten „Dentin Cleanser“ benetzt. Dies ist eine Lösung aus Natriumhydroxid und 20 Prozent Alkohol. Mittels steriler Tupfer wird die Flüssigkeit nach der Einwirkzeit abgeführt und für zweimal 1 bis 2 Minuten gegen phosphatgepuffertes Kochsalz ausgetauscht (Neutralisation). Nach Abführung der Flüssigkeit im selben Verfahren ist das Produkt einsatzbereit und kann sofort verwendet werden. Der zeitliche Aufwand beträgt insgesamt wenige Minuten und erzeugt ein stets größeres Volumen als das des zugrundeliegenden Zahnes. Ähnlich wie das Konzept der Autotransplantation, das Quellen möglicher zu transplantierender Zähne im Patienten selbst sucht, besteht nunmehr die Möglichkeit, nicht durchgebrochene Zähne gezielt für die autologe Augmentation zu nutzen. Dieses neuartige Konzept soll der folgende Fall darstellen.
Der Patientenfall
Im Februar 2019 stellte sich die 39-jährige Patientin mit unauffälliger Allgemeinanamnese bei uns in der Praxis vor und bat die endodontisch behandelten Zähne 16 und 26 zu ersetzen. Im weiteren Verlauf sollte die prothetische Rehabilitation des Ober- und Unterkiefers erfolgen. Die spezielle Anamnese zeigte, dass an Zahn 26 bereits eine Hemisektion der beiden vestibulären Wurzeln durchgeführt worden war. Durch den großvolumigen Knochendefekt kam es laut Patientin zu einer erheblichen Speiseimpaktion im Bereich der ehemaligen vestibulären Wurzeln, woraufhin sich dieser Bereich periodisch entzündete. Der Zahn 16 zeigte eine apikale Ostitis an der distobukkalen Wurzel. Der Verzicht auf eine Wurzelspitzenresektion wurde aufgrund der negativen Erfahrungen mit dem Verlauf der gegenüberliegenden Seite begründet. Das OPG zeigte einen letzten verlagerten Weisheitszahn in Regio 28.
Operatives Vorgehen
Präimplantologisch wurden der Patientin 60 ml Blut mittels Butterfly-System entnommen und nach dem Ghanaati-Protokoll zur PRF aufgearbeitet (Mectron Deutschland GmbH). Nach palatinaler und bukkaler Infiltrationsanästhesie erfolgte die minimalinvasive Extraktion der Zähne 16 und 26 unter Zuhilfenahme der X-Desmo-Tools nach Dr. Hildebrand (Helmut Zepf GmbH). Hierbei wurde auf den Erhalt der bukkalen Lamelle im Bereich des Zahnes 16 geachtet, da diese einen erheblichen Einfluss für das Gelingen der Implantation hat. Eine Freistellung der einzelnen Wurzeln unter Nutzung einer Lindemannfräse hat sich hier als besonders effizient erwiesen.
Es folgte die Erweiterung der sulkären Schnittführung in Bereich 27 und eine krestale Extension im Bereich 28. Nach dieser konnte der Zahn 28 ohne vertikale Entlastung entfernt, die Extraktionsalveole mit PRF gefüllt und der extrahierte Zahn dem Smart Grinder zugeführt werden. Die Extraktionsalveolen wurden mittels scharfem Löffel gereinigt. Es erfolgte die Augmentation im Bereich 26 mittels autologer Zahnspäne und PRF und die Aufarbeitung des Implantatlagers in Regio 16 bis zirka 1 mm vor der Nasennebenhöhle. Der Boden der Nasennebenhöhle wurde mit Hilfe des Osteotoms eleviert. Mit 45 Ncm wurde ein 4,0 × 10 mm MegaGen-Implantat inseriert. Die ICQ-Osstell-Messung ergab 70. Nach Augmentation bis zur knöchernen Begrenzung der Extraktionsalveole erfolgten die Lappenbildung und der Verschluss mit PRF und 4-0 monofiler Naht. Der postoperative Verlauf zeigte sich problemlos, so dass die Fäden nach zehn Tagen entfernt werden konnten.
Zusammenfassung und Diskussion
Die Anwendung eines autologen Materials in partikulierter Form entspricht demselben Anwendungsspektrum anderer partikulierter Materialien, so dass dies bei Indikationen wie der gesteuerten Knochenregeneration, dem Sinuslift oder der Therapie parodontaler Defekte genutzt werden kann. Die Partikel besitzen nach dem Aufarbeitungsprozess eine gewisse Adhäsivität, so dass sich das Produkt gut verarbeiten lässt, an den Instrumenten haftet und eine gewisse Ortständigkeit beim Einbringen ermöglicht wird. Im Gegensatz zu einem autologen Knochenblock, der ein hohes Maß an chirurgischer Erfahrung bedarf, bietet sich ferner der Vorteil, dass ein Routineeingriff für die Gewinnung von Zahnmaterial durchgeführt wird, der nur geringe und dem Anwender bestens bekannte Komorbiditäten bei der Entnahme entstehen lässt.
Das Anbieten der Extraktion retenierter Weisheitszähne als mögliche Quelle für ein autologes Ersatzmaterial ermöglicht den Patienten ein weiteres potentielles Problemfeld gleichsam in einem Ablauf zu beseitigen. Gleichzeitig ist das Verfahren selbstverständlich auf die Nutzung des eigenen Zahnes beschränkt, wobei jeder Zahn unabhängig seines Extraktionszeitpunktes zeitlebens genutzt werden kann. Sollte nicht das gesamte Material verbraucht werden, so kann dies dem Patienten nach kurzer Trocknung mitgegeben werden. Bei erneuter Nutzung muss dann der Reinigungsprozess noch einmal durchlaufen werden. Auch die Mitgabe der genutzten Kammer ist zu empfehlen.
1 Hale ML. Autogenous transplants. Oral Surg Oral Med Oral Pathol 1956; 9:76-83
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