Alles weiß oder was?

ZTM Thomas Bartsch
ZTM Thomas Bartsch

Ein Wegweiser für zahnfarbene Werkstoffe

Die Entwicklung von ästhetischen, zahnfarbenen Werkstoffen hat in den letzten Jahren eine enorme Vielfalt an Möglichkeiten hervorgebracht. Diese müssen jedoch richtig eingesetzt werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Abb. 4) Schleimhautkontakt und Kronenränder in Zirkon. Verträglichkeit und Lichttransmission

Jahrzehntelang waren Presskeramiken innerhalb ihrer Indikation die zuverlässige Versorgungsform mit hervorragenden Ergebnissen. Die Presstechnik für Keramik empfand ich damals als eine revolutionäre Erleichterung für den Herstellungsprozesses. Die Platinfolientechnik der sogenannten Jacketkronen sowie die Einbettmassenduplikatstümpfe und deren aufwändige Reposition in das Sägemodell wurden von der Wachsmodellation und dem Einbett- und Pressvorgang abgelöst. Ein Verfahren, das der Metallgusstechnik gleicht und so die Fertigung von vollkeramischen Objekten sehr erleichterte und vor allem sicher machte.

Der Wunsch nach hochfesten Keramiken, um auch metallfreie Brücken fertigen zu können, trieb die Forschung und Entwicklung weiter voran. Lithiumsilikatkeramiken brachten schon eine enorme Festigkeitssteigerung, so dass kleine Brücken herstellbar waren. Der Durchbruch, zumindest aus meiner Sicht, war aber die Möglichkeit, Zirkondioxid für dentale Anwendungen ein- setzbar und umformbar zu machen. Mit hoher Indikationsbreite nahe der Metallkeramik waren nun metallfreie, festsitzende Versorgungen realisierbar. Trotz der ästhetischen Einschränkungen dieser ersten rein weißen Materialien, freute ich mich, endlich sichere, stabile und dauerhafte vollkeramische Brücken herstellen zu können, was mit den bisherigen Keramiken, Komposits oder Verbundwerkstoffen unmöglich oder kompromissbehaftet war. Der Wunsch vieler Behandler und Patienten nach metallfreien Brücken konnte nun von mir erfüllt werden.

Heute haben sich Zirkonkronen und -brücken längst als ästhetische und im Vergleich zu Goldlegierungen auch als wirtschaftliche Versorgungsform etabliert. Die Ästhetik hat sich stark verbessert und steht in den hochtransluzenten Varianten der von Glaskeramiken kaum noch nach. Die Glaskeramiken wiederum sind in ihrer Festigkeit gesteigert worden und nähern sich in diesem Punkt den Zirkonoxiden an. Transluzentes Zirkon und hochfeste Gläser gleichen sich in ihrer Indikation. Hinzugekommen sind Hybridkeramiken: Netzwerke aus Keramik, die mit einem Polymernetzwerk durchwirkt sind.

Kurzum: Steht die Versorgung eines Zahnes zum Beispiel mit einer Krone aus einem zahnfarbenen metallfreien Material an, so kann der Behandler innerhalb dreier Werkstoffgruppen mit einer Vielzahl von verschiedenen Eigenschaften wählen. Die Ästhetik wird in jedem Fall überzeugend sein, was die Auswahl nicht gerade erleichtert.

Kriterien, die den Werkstoffeinsatz beeinflussen

Wie soll man sich nun dem geeignetsten Werkstoff nähern? Sicher ist es sinnvoll den Zahntechniker bei der Entscheidung einzubeziehen. Er kennt nicht nur die Eigenschaften und Prä- parationsvoraussetzungen, sondern kann auch die technische Umsetzbarkeit garantieren. Mit diesem Wissen können nun andere Kriterien entscheidend sein.

Denken wir da zum Beispiel an die Befestigungsmethode, welche nicht immer frei wählbar ist. Massive Defekte bedingen eine tiefe Präparation in den Sulcus hinein und können eine Trocken- legung ausschließen, so dass eine adhäsive Befestigung nicht mehr realisierbar ist. Minimalinvasive Restaurationen aus Keramik wie Veneers oder Inlays müssen zwingend verklebt werden. Dadurch kommen Werkstoffe wie Zirkon, das nur retentiv befestigt werden kann nicht in Frage. Im Übrigen müssen auch die Hybridkeramiken adhäsiv eingesetzt werden, um im Verbund mit dem Zahn die gewünschte Festigkeit zu erreichen.

Im Falle von Brücken kann die topografische Verteilung der Pfeilerzähne über die Materialwahl entscheiden. Mehrspannige und in der posterioren Region geplante Brücken bedingen ein hochfestes Gerüst. Hier bleibt in unserer Betrachtung nur das Zirkon mit einer Bruchfestigkeit deutlich jenseits der 1.000 MPa. Eine einfache Entscheidung.

Anders sieht es bei Versorgungen aus, die aufgrund ihrer Beschaffenheit von der Indikation mehrerer Werkstoffe abgedeckt werden. Hier sind die vorrangigen Kriterien abzuwägen. Maximale Ästhetik hinsichtlich Fluoreszenz und farblicher Adaption bieten sicher die Glaskeramiken. Zirkonoxide kommen vielleicht nicht ganz heran, sind aber einfacher zu handhaben, wenn es um die Abdeckung verfärbter Stümpfe geht. Ein weiteres wichtiges Thema.

Ästhetik – Durch Kommunikation gelingt sie

Hochfeste Keramiken sind vom klinischen Ablauf weitestgehend vergleichbar mit metallkeramischen Arbeiten. Der Platzbedarf, der herauspräpariert werden muss und die Hohlkehle unterscheiden sich kaum, so dass die Besonderheiten der Vollkeramik oft gedanklich in den Hintergrund treten. Dabei sind nicht nur die Metallfreiheit, sondern gerade die lichtoptischen Eigenschaften der Grund für die Auswahl eines vollkeramischen Werkstoffs. Dann muss man natürlich bedenken, dass ein Körper, der Licht leitet, je höher seine Transluzenz ist, umso stärker von der Farbe seines Untergrundes, also dem Zahnstumpf beeinflusst wird. Ja der Stumpf muss sogar als farbbestimmendes Element in den Farbaufbau mit einbezogen werden.

Das heißt nichts anderes, als dass bei all diesen vollkeramischen Werkstoffen der Zahntechniker über die farbliche Beschaffenheit des präparierten Zahnes informiert werden muss, sobald dieser von der gewünschten Zielfarbe abweicht. Nur dann können Diskrepanzen wie Verfärbungen aufgrund von Devitalität, Metallstiften oder entwicklungsbedingte Veränderungen ausgeglichen werden. Dies geschieht durch eine geeignete Rohlingauswahl, Kompensation durch Schichtmassen oder die Wahl einer anderen, opakeren Materialklasse – vorausgesetzt der Zahntechniker verfügt über diese wichtige Information.

Dazu gibt es verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten: In jedem Fall hilfreich sind Fotos, auf denen das Farbmuster ebenfalls erfasst ist. Standard-Farbskalen sind durchaus ein probates Mittel, Farbabweichungen zu kommunizieren, kommen aber bei dunklen Grau-, Braun- und Gelbtönen an ihre Grenzen. Dafür bietet die Industrie entsprechende Farbmuster an, die eine zahntechnische Entsprechung in einem Stumpfmaterial haben und so eine perfekte Simulation der klinischen Situation ermöglichen. Der Zahntechniker bringt das korrespondierende Material in die Restauration ein und kann so einen Eindruck gewinnen, wie sich das Werkstück auf dem Untergrund farblich verhalten wird. In Kombination mit farblich geeignetem Befestigungsmaterial sind so auch farblich anspruchsvolle Fälle lösbar.

Fazit

In der weiten weißen Welt müssen einige Dinge beachtet werden, um das ganze Potential dieser Werkstoffe ausschöpfen zu können. Dann aber eröffnen sich außergewöhnliche ästhetische Perspektiven, die sicher und zuverlässig umzusetzen sind. Ein intensiver Dialog zwischen Praxis und Dentallabor ist ein Garant für den Erfolg und zufriedene Patienten.

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